Der Ausschluss Russlands aus dem globalen Finanznetz Swift wurde schon länger als radikale Option angesehen, um Präsident Wladimir Putin für seine Invasion in der Ukraine zu bestrafen. Einige europäische Staaten standen auf der Bremse; der französische Finanzminister nannte sie "die finanzielle Atomwaffe". Doch am 26. Februar setzten sie sich
über ihre Bedenken hinsichtlich der möglichen Auswirkungen auf ihre eigene Wirtschaft hinweg und klemmten eine Gruppe russischer Banken ab. Hier einige Fragen und Antworten zu dem Schritt.

1. Was ist Swift?

Die Abkürzung Swift steht für Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication. Man kann sich das System als eine Art Gmail für das globale Bankwesen vorstellen. Swift überträgt sichere Nachrichten zwischen mehr als 11'000 Finanzinstituten und Unternehmen in über 200 Ländern. Durchschnittlich 42 Millionen Nachrichten gingen vergangenes Jahr pro Tag über Swift - Aufträge und Bestätigungen für Zahlungen, Transaktionen und Devisenhandel. Formal ist Swift eine Genossenschaft mit Sitz in La Hulpe, 20 Kilometer südöstlich von Brüssel. Sie wurde 1973 als Alternative zum Telexsystem gegründet.

2. Warum ist der Verlust des Swift-Zugangs problematisch?

Ein Land, das von Swift abgeschnitten wird, kann erheblichen wirtschaftlichen Schaden erleiden. So erging es dem Iran 2012, als seine Banken im Rahmen von Sanktionen der
Europäischen Union aufgrund des Atomprogramms des Landes den Zugang zu Swift verloren. (Viele der Banken wurden 2016 wieder angeschlossen.) Als westliche Staaten Russlands Zugang zu Swift 2014 in Frage stellten, schätzte der Ex-Finanzminister Alexei Kudrin, dass dies Russland 5% seiner Wirtschaftsleistung kosten könnte. Allerdings könnte der Ausschluss auch Auswirkungen auf andere Länder haben, da Russland ein wichtiger Energielieferant ist und das Swift-System für die Bezahlung genutzt wird.

3. Wer ist ausgesperrt worden?

Zu den Banken, die von Swift ausgeschlossen wurden, gehört ein Quintett- Sberbank, VTB, Otkritie, Novikom und Sovcom -, das bereits mit Sanktionen belegt worden war. Sberbank und VTB gehören zu den wichtigsten Finanzinstituten Russlands, auf die zusammen etwa die Hälfte der Bankaktiva des Landes entfällt. Die Sberbank hält den grössten Anteil der russischen Spareinlagen und ist nach Angaben der US-Treasury der wichtigste Kreditgeber der russischen Wirtschaft.

4. Warum wurde mit dem Ausschluss gezögert?

Laut US-Präsident Joe Biden war der Grund mangelnde Einigkeit in Europa. Eine Sorge war dabei, dass ein Ausschluss dazu führen könnte, alternative Systeme zu entwickeln. Hinzu kommt das Risiko von Kollateralschäden: Der Ausschluss könnte zu Zahlungsausfällen und gigantischen Kontoüberziehungen im globalen Bankensystem führen, meint Zoltan Pozsar, Stratege bei der Credit Suisse. Er verglich die Situation mit der Pleite von Lehman Brothers 2008 und dem pandemiebedingten Markteinbruch im März 2020. Hinzu kommt, dass Europa über Swift das russische Erdgas zahlt, mit dem hier Häuser beheizt und Fabriken betrieben werden. Ein Verbot könnte die Versorgung mitten in der Heizperiode gefährden und die ohnehin schon galoppierende Inflation weiter antreiben.

5. Gibt es eine russische Alternative zu Swift?

Nicht wirklich, oder zumindest noch nicht. Seit 2014 betreibt die russische Zentralbank ein eigenes System. Dieses System hat jedoch nur etwa 400 Nutzer. Die People’s Bank of China kündigte 2021 ein Joint Venture mit Swift an, das in einigen Kreisen als Versicherung gegen seinen Ausschluss angesehen wurde. Eine Befürchtung westlicher Vertreter ist, dass ein Verbot von Swift Alternativen erst befördern würde. Digitale Währungen und die ihnen zugrundeliegende Blockchain-Technologie werden seit einigen Jahren ebenfalls als Alternative zu Swift gehandelt, aber sie sind noch lange nicht so weit, das System ersetzen zu können.

6. Wie sicher ist das Swift-System?

Es gab bereits mehrfach Versuche, Banken durch betrügerische Nachrichten via Swift auszurauben. Einige waren erfolgreich. Am bekanntesten ist der Fall der Zentralbank von
Bangladesch, die im Jahr 2016 ganze 81 Millionen Dollar an Hacker verlor, die in das System eingedrungen waren und die Federal Reserve Bank of New York zur Überweisung von Geldern verleitet hatten. Swift legt Wert darauf, dass die Hacker nicht in sein eigenes Netzwerk eingedrungen waren, aber es hat dennoch die Kontrollen bei den Mitgliedsbanken erhöht.

6. Wer beaufsichtigt Swift?

Da Swift keine Einlagen annimmt, gilt das System selbst nicht als Bank. Es wird von der Belgischen Nationalbank und Vertretern der Fed, der Bank of England, der Europäischen
Zentralbank, der Bank of Japan und anderer grosser Notenbanken überwacht. Generell kann Swift einer Institution den Zugang nur dann verwehren, wenn die EU Sanktionen gegen diese oder ein bestimmtes Land verhängt. Swift hat 2018 iranische Banken nach US-Sanktionen suspendiert, nennt dies jedoch "ein isoliertes Ereignis", im Interesse von Stabilität und Integrität des globalen Finanzsystems.

(Bloomberg)