Zum Gipfeltreffen der Zwanziger-Gruppe grosser Industrie- und Schwellenländer (G20) ab Dienstag in Indonesien mobilisiert die Ukraine internationale Hilfe in einer schwierigen humanitären Frage: Es geht um die völkerrechtlich verbotene Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland. Betroffen seien mindestens um 11 000 Kinder, deren Namen bekannt seien, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. "Aber das sind nur die, von denen wir wissen. In Wahrheit sind mehr verschleppt worden." Für die Ukraine ist Dienstag der 265. Tag im Abwehrkampf gegen die russische Invasion.
UN legen Grundlage für russische Reparationszahlungen
Die UN-Vollversammlung verabschiedete am Montag eine Resolution, die eine Grundlage für künftige Reparationszahlungen Russlands an die Ukraine legen soll. 94 Länder stimmten in New York für die Resolution, damit kam die notwendige Zweidrittelmehrheit zusammen. 73 Länder enthielten sich, 14 stimmten dagegen - neben Russland unter anderem auch China, der Iran und Kuba. In dem Text wird die Ukraine aufgefordert, Informationen über Kriegsschäden in einer Art Register zu dokumentieren. "Die Reparationszahlungen, die Russland für seine Taten leisten muss, sind nun Teil der internationalen Rechtswirklichkeit", sagte Selenskyj.
Klare politische Ansage des ukrainischen Oberkommandierenden
"Das ukrainische Militär wird keine Verhandlungen, Vereinbarungen oder Kompromissentscheidungen akzeptieren", schrieb der Oberkommandierende Saluschnyj. Er gilt als der Mann, der den erfolgreichen Widerstand der ukrainischen Armee gegen die russische Invasion organisiert hat. Seine Äusserungen zielten auf eine Diskussion, die in den USA, aber auch in anderen Ländern geführt wird. Die Regierung von Präsident Joe Biden hat klargestellt, sie werde die Ukraine so lange und so stark wie notwendig unterstützen. Andere Stimmen raten dazu, Verhandlungen nicht auszuschliessen.
Saluschnjys Gesprächspartner Milley hatte vergangene Woche gesagt, sollten sich die Frontlinien im Winter stabilisieren, könnte es eine Chance geben, ein Ende des Konflikts auszuhandeln. Auch Russland betont angesichts militärischer Niederlagen wieder stärker seinen vorgeblichen Willen zu Verhandlungen. Allerdings halten russische Truppen trotz Gebietsverlusten immer noch knapp ein Fünftel des Nachbarlandes besetzt. "Es gibt nur eine Bedingung für Verhandlungen: Russland muss alle besetzten Gebiete verlassen", schrieb Saluschnyj.
Ukraine sucht nach verschleppten Kindern
Über die nach Russland verschleppten Kinder beriet der Leiter des Präsidialamtes in Kiew, Andrij Jermak, in einer Online-Konferenz mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres und den Botschaftern der G20. "Unser Ziel ist, die gewaltsame Verschleppung oder Deportation von Kindern aus der Ukraine in die Russische Föderation zu stoppen", sagte Jermak. Es müsse alles getan werden, um diese Kinder zurückzuholen und sie mit ihren Familien zu vereinen. Das russische Militär und russische Behörden bestätigen durchaus, dass Kinder aus der Ukraine nach Russland geholt werden. Sie würden aus den Kampfzonen in Sicherheit gebracht oder kämen zur Behandlung oder Erholung nach Russland.
Pentagon: Russische Truppen verschanzen sich auf Dnipro-Ufer
Das US-Verteidigungsministerium rechnet nach der Rückeroberung der Stadt Cherson durch die Ukraine damit, dass sich russische Truppen am gegenüberliegenden Ost-Ufer des Flusses Dnipro verschanzen werden. Auf der östlichen Fluss-Seite seien zehntausende russische Soldaten, betonte ein ranghoher Pentagon-Vertreter am Montag. "Unsere aktuelle Einschätzung ist, dass sie die Absicht haben, dieses Territorium unter ihrer Kontrolle zu behalten." Man habe derzeit keine Hinweise darauf, dass ukrainische Einheiten den Fluss überquert hätten. Auf dem Ost-Ufer halten die Russen den Grossteil des Gebiets Cherson.
Kiewer Verdienstorden für deutsche Journalisten
Die Ukraine ehrt politische und publizistische Unterstützer aus dem Ausland mit Verdienstorden, darunter auch drei Journalisten des Springer-Verlags. Ausgezeichnet werden "Welt"-Chefredakteur Ulf Poschardt, der stellvertretende "Bild"-Chefredakteur Paul Ronzheimer und der verantwortliche Redakteur im "Bild"-Ressort Politik, Julian Röpcke. Das geht aus einem Erlass von Präsident Selenskyj hervor. Auch Journalisten aus Polen, Lettland, Italien und den USA wurden ausgezeichnet.
Das wird am Dienstag wichtig
Russlands Krieg gegen die Ukraine ist wichtiges Thema auch beim G20-Gipfel auf der indonesischen Insel Bali. Dabei könnte es nach Angaben eines westlichen Diplomaten so weit kommen, dass Moskau in der Abschlusserklärung eine Passage zur Verurteilung des Krieges akzeptiert. Der russische Präsident Wladimir Putin lässt sich auf Bali von Aussenminister Sergej Lawrow vertreten.
(AWP)