Das teilte der Bundesrat am Mittwoch mit - und bestätigte damit Berichte der Tamedia-Zeitungen und weiterer Medien vom Vortag. Leu wird demnach als Botschafterin in Deutschland Paul Seger ersetzen, der in Pension geht.

Zuvor wird Leu die laufenden Sondierungsgespräche mit der EU zu Ende führen. Ende März 2023 hatte der Bundesrat mitgeteilt, dass bis Ende Juni die Eckwerte eines Verhandlungsmandats erarbeitet werden sollen. Die Gespräche mit der EU würden durch diesen Wechsel nicht beeinträchtigt, schrieb der Bundesrat am Mittwoch.

Leu sagte vor den Medien, die Sondierungsgespräche würden die Basis für das Verhandlungsmandat bilden. Bis zu ihrem Wechsel nach Berlin bleibe dafür genügend Zeit. Dann brauche es "gewisse Änderungen". "Sondierungen und Verhandlungen sind nicht dasselbe", erklärte sie.

Sie habe in den vergangenen Monaten eine "positive Dynamik" in den Gesprächen wahrgenommen. Die Sondierungen seien "kein Sonntagsspaziergang" gewesen. Die Zusammenarbeit mit Aussenminister Ignazio Cassis bezeichnete Leu als "gut und respektvoll".

"Engagierte und erfolgreiche Arbeit"

Die 62-jährige Spitzendiplomatin Leu ist seit Oktober 2020 Staatssekretärin im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und federführend bei den Gesprächen mit der EU.

In ihre dreijährige Amtszeit fiel auch der Abbruch der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU im Jahr 2021. Seither sondieren Leu und ihr Team mit EU-Vertreterinnen und -Vertretern das weitere Vorgehen.

Leu habe "wesentlich dazu beigetragen, dass die Gespräche zwischen der Schweiz und der EU neu aufgegleist werden konnten", schrieb der Bundesrat. Die Sondierungen seien "weit vorangekommen". Leu werde ihre "engagierte und erfolgreiche Arbeit" als Staatssekretärin bis Ende August weiterführen.

Die konkreten Verhandlungen wird dann Leus Nachfolger oder Nachfolgerin führen müssen. Das EDA setzt laut dem Bundesrat eine Findungskommission ein. Es wird bereits die sechste Person seit 2016 sein, die das EU-Dossier verantworten wird.

Vor Leu hatten schon Roberto Balzaretti, Yves Rossier, Jacques de Watteville und Pascale Baeriswyl den Posten des Chefunterhändlers beziehungsweise der Chefunterhändlerin mit der EU inne.

EU: Abschluss im Sommer 2024

Der Sprecher der EU-Kommission verwies in Bezug auf mögliche negative Auswirkungen des Rücktritts auf den Bundesrat. Ziel der Kommission bleibe die schnelle Beendigung der Sondierungsgespräche und ein Verhandlungsabschluss bis Sommer 2024.

Die Schweizer Parteien zeigten sich uneins über den Zeitpunkt des Rücktritts. SVP und FDP zollten Leu Respekt. "Wenn Frau Leu gehen will, dann ist jetzt wohl der richtige Zeitpunkt für einen Rücktritt", sagte Franz Grüter (SVP/LU), Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats. Für FDP-Fraktionspräsident Damien Cottier (NE) war der Rücktritt sinnvoll, da die Sondierungsgespräche enden.

Pirmin Bischof (Mitte/SO), Präsident der Aussenpolitischen Kommission im Ständerat hielt den Zeitpunkt für heikel. Es handle sich um einen Karriereentscheid der hartnäckigen Diplomatin.

SP und Grüne kritisierten den Zeitpunkt. SP-Fraktionschef und Nationalrat Roger Nordmann (VD) sagte: "Die PR-Offensive des Aussendepartements der letzten Wochen, wonach Fortschritte bei den Verhandlungen erreicht worden sind, löst sich damit in Luft auf."

Der Schritt sei ein schlechtes Zeichen, sagte Grünen-Präsident und Nationalrat Balthasar Glättli (ZH). Bei genügend Rückendeckung durch den Bundesrat wäre Leu wohl geblieben. Nun müsse eine neue Persönlichkeit das Vertrauen wieder aufbauen. Die Grünliberalen bedauerten den erneuten Wechsel im EU-Dossier.

(AWP)