Die durch den Brexit ermöglichte Abkehr von den EU-Regeln würde nach Ansicht des neuen Schatzkanzlers (Finanzministers) Kwasi Kwarteng dazu beitragen, die City als Finanzstandort attraktiver zu machen, berichten Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind. Die Debatte über Details laufe noch, Eine Ankündigung könnte jedoch bereits in der nächsten Woche erfolgen.
Die EU hatte die Boni im Zuge der Finanzkrise mit dem Doppelten des Fixgehalts gedeckelt, um die Anreize für kurzfristige Finanzspekulationen zu begrenzen. Mit einer Abschaffung wurde bereits im Zuge des Brexit gerechnet. Dass es bislang nicht dazu kam, lag an der Befürchtung, in der Öffentlichkeit könnte ein solcher Schritt schlecht ankommen.
Über die gegenwärtigen Diskussionen zu den Boni berichtete zuerst die Financial Times.
Wall-Street-Investmentbanken wie Goldman Sachs und JPMorgan könnten mit einer Abschaffung des Bonideckels ihre Londoner Vergütungspraxis an ihre Standards jenseits des Atlantiks anpassen. In den USA machen variable Vergütungen in der Regel den grösseren Teil der Bezüge aus. Auch britische Banken mit grossen Investmentbank-Aktivitäten wie Barclays dürften von einem solchen Schritt profitieren.
"Die Bindung von Spitzenkräften war für die die europäischen Investmentbanken in den letzten Jahren ein Problem im Vergleich zu den US-Grossbanken", erklärte Analyst Jonathan Tyce von Bloomberg Intelligence.
Bank of England kritisch
Andrew Sentance von der Bank of England erklärte indessen, die Freigabe der Banker-Boni würde die Bemühungen zur Inflationseindämmung untergraben. Im Juli hatte die Teuerung in Grossbritannien mit 10,1 Prozent ein 40-Jahres-Hoch erreicht.
Es wäre ein "ziemlich verwirrendes Signal, wenn die Menschen zugleich von den Lebenshaltungskosten erdrückt werden und die Regierung zur Lohnzurückhaltung ermutigt", sagte Sentance am Donnerstag in einem BBC4-Radiointerview. "Das Timing wäre sehr schlecht."
Das Finanzministerium in London wollte sich gegenüber der FT nicht zum Thema äussern und reagierte auch nicht umgehend auf eine Bloomberg-Bitte um Stellungnahme.
Kwarteng hatte Anfang des Monats bei einem Treffen mit Branchenvertretern erklärt, die neue Regierung unter Premierministerin Liz Truss plane weitreichende Finanzreformen, um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern.
(Bloomberg)