Voraussichtlich im November gelangt die so genannte Konzernverantwortungsinitiative zur Abstimmung. Ihr offizieller Name lautet "Für verantwortungsvolle Unternehmen - zum Schutz von Mensch und Umwelt". Sie will Schweizer Unternehmen und auch internationale Gesellschaften mit Sitz in der Schweiz dazu verpflichten, soziale Aspekte, Menschenrechte und Umweltvorgaben nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit einzuhalten. 

Die Befürworter der Initiative sind in der Öffentlichkeit sehr aktiv, wie die seit vielen Monaten verbreiteten orangen Wahl-Wimpel zeigen, die überall anzutreffen sind. In den Umfragen haben sie derzeit Oberwasser: Eine im Mai durchgeführte Umfrage des Link-Instituts zeigte 78 Prozent Zustimmung. 43 Prozent waren sich damals sogar sicher, der Initiative zuzustimmen. In einer Umfrage des Industrieverbands Swissmem, der gegen die Initiative ist, sprachen sich bei einer nicht exakt gleichen Fragestellung aber nur 46 Prozent für die Umfrage aus. 

Die Swissmen-Umfrage liegt insofern näher an der Meinungsbildung unter den Leserinnen und Lesern von cash.ch. Bei unserer (nicht-repräsentative) Online-Umfrage, an der die Leserschaft seit Anfang vergangener Woche teilnehmen konnte, zeigt sich sogar eine deutliche Ablehnung der Konzernverantwortungsinitiative. Von über 5000 Personen, die per Mausklick ihre Meinung nannten, sind 59 Prozent dagegen. Nur 41 Prozent stimmen dem Gedanken der Initiative zu. 

In früheren Jahren stimmten die nicht-repräsentativen cash-Umfragen mehrfach mit realen Abstimmungsergebnissen fast überein. Die "1:12-Abstimmung" beispielsweise, welche die Lohnunterschiede in Unternehmen regulieren wollte, wurde 2013 an der Urne mit 65 Prozent abgelehnt: In einer cash-Umfrage war davor fast das gleiche Resultat herausgekommen.

Ob bei der Konzernverantwortungsinititiave die cash-Umfrage ein "Gradmesser" sein könnte, lässt sich nicht verlässlich abschätzen. Obwohl die Idee der Initiative seit rund fünf Jahren im Raum steht und das Parlament bereits über die Inititiative befunden hat, werden die Argumente pro und kontra erst in den kommenden Wochen und Monaten in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Umfragen zeigen noch viele unentschlossene Wähler. 

Zu einem frühen Zeitpunkt eines Abstimmungskampfs liegen Zustimmungswerte häufig hoch und nehmen dann über die Zeit noch ab. Auch die Coronakrise könnte noch in den Abstimmungskampf hineinspielen. Durch die Rezession infolge der Coronakrise steigt die Arbeitslosigkeit in der Schweiz. Tendenziell werden dann Regularien gegenüber der Wirtschaft eher als unnötig bremsend empfunden. Das Argument der Initiativgegner, dass die vorgeschlagenen Massnahmen Unternehmen einschränkten und Arbeitsplätze gefährdeten, kann noch an Bedeutung gewinnen.

Erklären lässt sich das eindeutige Resultat der cash-Umfrage teilweise dadurch, dass cash-Leser generell wirtschaftsaffin sind und selbst Vermögen als Privatpersonen anlegen. Das verbindet sie eher mit den Gegnern der Initiative, wo vor allem Wirtschaftsverbände wie Economiesuisse und Swissmem in den Abstimmungskampf ziehen werden. 

Im Allgemeinen stösst die Initiative bei linken Parteien und links eingestellten Wählern auf Zustimmung, während Wähler und politische Kräfte im bürgerlichen Lager dagegen sind. Allerdings machen sich auch einzelne bürgerliche Politiker und Wirtschaftsführer für die Initiative stark: So begründete etwa die Präsidenten der Berner Kantonalbank (BEKB) und CEO der Anlagegesellschaft Forma Futura, Antoinette Hunziker-Ebneter, in einem Interview mit cash.ch vergangene Woche ihre Motive, die Inititiave zu unterstützen.