Erstmals überschreitet das Personalbudget für das kommende Jahr die magische 6-Milliarden-Marke. Die Gründe für die Steigerung von 3,1 Prozent gegenüber 2019 sind: generelle Lohnerhöhungen, Sonderzahlungen an hohe Militärs und Grenzwächter, die etwas später in Pension gehen, sowie 267 neue Bürostellen.
Das sind Woche für Woche mehr als fünf neue Regulierer, Geldverteiler und Aufpasser, die in ihren Ämtern freudig willkommen geheissen und vom Bürger brav besoldet werden.
Im Schnitt kostet ein Bundesbeamter die Steuerzahler pro Jahr 160'500 Franken; darin eingeschlossen sind der Lohn, die Beiträge an die Sozialversicherungen, Überbrückungsrenten, Halbtax-Abos, ferner Kosten für Weiterbildungen oder für die Kinderbetreuung. Noch nicht in diesen Zahlen enthalten sind die Aufwendungen für Raummieten, Möbel, Wandschmuck, PC, Telefone, Bleistifte oder Druckerpapier.
Umsetzung von EU-Richtlinien
Wichtige und quasi-automatische Personaltreiber sind internationale Ab- und Übereinkommen. So stellt das Aussendepartement im kommenden Jahr «aufgrund der Umsetzung des zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten» zusätzlich 16 Personen ein. Mit der gleichen Begründung stockt sich auch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) mit vier weiteren Planstellen auf.
Zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/680 «zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten in Strafsachen» beantragt der Datenschützer gleich drei Zusatzkräfte. Und das Gleichstellungsbüro braucht nicht nur eine weitere Person, um die «Behindertenpolitik» zu verstärken, sondern eine zweite, um die Istanbuler Konvention des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen umzusetzen.
Wer sich von den Möglichkeiten der Digitalisierung eine Reduktion des Beamtenheeres versprochen hat, erlebt bei der Lektüre des Budgets, dass das genaue Gegenteil der Fall ist. Fast jedes Amt reklamiert eine oder gar mehrere Zusatzstellen, um die Computerisierung und Automatisierung der Abläufe voranzutreiben.
Neue kommen, die andern bleiben
«Neue technische Systeme und Verfahren können nur entwickelt und eingeführt werden, wenn Ressourcen zur Verfügung stehen», begründet der Bundesrat die Einstellung Dutzender Digitalisierer: «Die Fähigkeiten müssen für das Kerngeschäft schrittweise aufgebaut werden, damit die Chancen der Digitalisierung genutzt werden können.» Etwas einfacher lautet die Botschaft: Neue IT-Spezialisten kommen in Scharen und kosten Millionen; die alten Beamten aber bleiben.
Hinzu kommt: Weil die Bundesbeamtenschaft zahlenmässig wächst und wächst, muss auch das Eidgenössische Personalamt (EPA) um weitere drei auf insgesamt 132 Vollzeitstellen aufgestockt werden.
Allzeit-Rekord bei Vollzeitstellen
Gemäss dem eben veröffentlichten Budget 2020 schwillt die Bundesverwaltung im nächsten Jahr auf den Allzeit-Rekord von 37 631 Vollzeitstellen an. Zur Erinnerung: Im Jahr 2015 hatten Ständerat und Nationalrat eine wichtige Motion zur Begrenzung der Stellen beim Bund beschlossen. Der Wortlaut der verbindlichen Anweisung, die von der Finanzkommission der kleinen Kammer ausgearbeitet wurde, lautet: «Der Bundesrat wird beauftragt, Massnahmen zu ergreifen mit dem Ziel, dass der Bundespersonalbestand den Stand gemäss Voranschlag 2015 (35'000 Vollzeitstellen) nicht überschreitet.»
Daran gehalten hat sich Ueli Maurer, der seit 2016 dem zuständigen Departement vorsteht, nie. In der Sommersession glückte es dem SVP-Mann, der sich als Nationalrat noch als unerbittlicher Kritiker der automatischen Verwaltungswucherung gebärdete, sogar, das Parlament dazu zu überreden, diesen Plafond wieder aufzugeben.
Damit hat er sich freie Hand verschafft, um alle Wünsche seiner Untergebenen durchzuwinken. 2016 hatte Maurer von seiner Vorgängerin Eveline Widmer-Schlumpf die Last von 35'000 Vollzeitstellen (Kosten 5,465 Milliarden Franken) übernommen. Innert vier Jahren trieb er die Zahl der Stellen auf nun 37 631 (plus 7,5 Prozent) und die Personalausgaben auf 6,039 Milliarden (plus 10,5 Prozent) hoch.
Beamten-Boom erfasst die gesamte Verwaltung
Eine gestaltende Hand, eine klare Linie und Prioritätensetzung sind nicht zu erkennen. Nur ganz vereinzelte Amtsstellen verzichten auf die Chance einer Vergrösserung; der neue Beamten-Boom erfasst, querbeet und ungebremst, die gesamte Verwaltung. Bundesrätin Viola Amherd (CVP) etwa hat sich eine stolze «Reserve» von 7,3 Millionen Franken für zusätzliches Personal in ihrem engsten Umfeld gesichert. Begründung für die neue, rund vierzigköpfige Beratungs- und Propagandaformation: «Mit dieser Aufstockung wird der Handlungsspielraum der Chefin des VBS erhöht.»
Die umstrittene Bundesanwaltschaft (BA), die sich seit Jahren erweitert, ohne je Erfolge zu ernten, rüstet nochmals auf: zehn neue Stellen wegen andauernder «Arbeitsbelastung». Folglich muss auch die Aufsicht über die BA, die AB- BA, nachziehen: plus zwei neue Kontrolleure, unbefristet.
Gleich drei verschiedene Bundesämter heuern mit dem verkehrspolitischen Zauberwort «Förderung der multimodalen Mobilität» zusätzliche Mitarbeitende an: das Bundesamt für Verkehr deren drei (von 13 zusätzlichen), jenes für Strassen ebenfalls drei (von 28) und das Amt für Energie einen (von 3,5 Vollzeitstellen). Es fehlt noch das Koordinationsorgan, das die Bemühungen des Septetts aufeinander abstimmen wird.
Auch vom Trendthema Pflanzenschutz liessen sich gleich drei Verwaltungen zu Neuanstellungen inspirieren: das Bundesamt für Landwirtschaft schreibt dafür 5,2 Vollzeitstellen (von 8,7 neuen) aus, die Forscher von Agroscope deren vier (von fünf) und die Umweltschützer beim Bafu auch noch eine (von 23).
Dieser Artikel erschien zuerst bei der Handelszeitung unter dem Titel "Neue Beamte kommen, die alten bleiben".