Die Kolumne "Gopfried Stutz" erschien zuerst im 

Im letzten «Gopfried Stutz» erklärte ich, weshalb die Notenbanken die Zinsen sündhaft tief halten oder sogar Negativzinsen einführten. So habe ich geschrieben, dass es bei dieser verhängnisvollen Negativzinspolitik auch Gewinner gibt: Aktionäre und Immobilienbesitzer. Denn das billige Geld fliesst nur sehr beschränkt in die Wirtschaft, dafür massenhaft in die Finanzmärkte. Aktionäre und Immobilienbesitzer werden dadurch immer reicher. Wer hat, dem wird gegeben.

Doch als ich am Sonntag im Fitness auf der Tretmaschine meinen Puls hochtrieb und dabei auf "Arte" eine Sendung über das Künstlerduell Michelangelo versus Leonardo da Vinci reinzog, raunte mir ein Kollege ins Ohr: «Du unverbesserlicher Klassenkämpfer. Was glaubst du denn, wie der Staat an der Grundstückgewinnsteuer verdient?»

Ich habe zuerst gar nicht begriffen, was der Kollege meinte – übrigens ein frischgebackener Rentner, der in seinem Berufsleben im Bundeshaus ein und aus ging. Von der Grundstückgewinnsteuer habe ich jedenfalls nichts geschrieben.

Er verstand meine Kolumne scheinbar als Seitenhieb gegen Aktionäre und Immobilienbesitzer. Er wollte mich darauf aufmerksam machen, dass auch die öffentliche Hand von höheren Häuserpreisen profitiere, weil dadurch die Einnahmen aus der Grundstückgewinnsteuer stiegen.

Interessant. Es gibt nichts dagegen einzuwenden, wenn Aktien- und Immobilienpreise aufgrund von Marktkräften und nicht wegen Fehlanreizen steigen. Doch die Hausse an den Finanzmärkten ist nicht nachhaltig. Sie ist getrieben von den Notenbanken. Man kann sogar von Manipulation sprechen.

Den Gedanken meines Kollegen könnte man noch weiter spinnen und sagen, dass wir alle von höheren Aktienkursen profitierten. Wir alle sind Aktionäre. Steigen die Aktien, wird auch die AHV reicher. Dasselbe gilt für Pensionskassen.

Bleiben wir bei der zweiten Säule, eben den Pensionskassen. Über 100 Milliarden Franken haben sie im letzten Jahr verdient, schrieb die «NZZ am Sonntag» vor Wochenfrist. Im Schnitt erzielten sie eine Rendite von 11,1 Prozent, so viel wie noch nie seit Messbeginn im Jahr 2006.

Darüber können wir uns aber nur mässig freuen. Denn die Verzinsung der individuellen Pensionskassenguthaben bleibt bescheiden. Laut Schätzungen so um die 2,5 Prozent.

Ein grosser Teil der Gewinne dient als Reserve für den Fall, dass sich die Kurse in entgegengesetzter Richtung bewegen. Ein anderer Teil muss zur Finanzierung laufender Renten verwendet werden, weil der Umwandlungssatz, mit dem das Kapital in eine Rente umgewandelt wird, zu hoch ist.

Höchste Zeit, dass dieser Satz nach unten korrigiert und die Umverteilung von Jung zu Alt gestoppt wird. Erst dann können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Börsengewinnen profitieren. Auch hier: Wer hat, dem wird gegeben. Haben tun die Alten, geben tun die Jungen.