Kattner gab vor dem Bundesstrafgericht an, sich an die betreffende Millionen-Zahlung zu erinnern, jedoch die Bundesanwaltschaft nicht speziell auf diese hingewiesen zu haben. Er sei von der "Rechtmässigkeit der Zahlungen überzeugt gewesen", erklärte Kattner. Er habe auch nicht den Eindruck gehabt, dass Blatter oder Platini ihn anlügen würden.

Nach seinem Verhältnis zu den beiden Beschuldigten befragt, gab Kattner an, zu Michel Platini "kein besonderes Verhältnis" zu haben, mit Joseph Blatter jedoch bis heute eine Art Freundschaft zu pflegen. Er treffe den ehemaligen Fifa-Präsidenten ab und zu zum Kaffee, sagte der gebürtige Deutsche, der von 2003 bis 2016 Fifa-Finanzchef und ab 2007 auch stellvertretender Generalsekretär war.

Damit widersprach der ehemalige Fifa-Finanzchef dem ehemaligen Bundesstaatsanwalt und heutigem Bundesstrafrichter Olivier Thormann. Dieser hatte in einer vor Gericht abgespielten Aussage zu Protokoll gegeben, Kattner habe der Bundesanwaltschaft Zusatzinformationen zu einer Zwei-Millionen-Zahlung in Aussicht gestellt. Kattner sagte am Dienstag vor Gericht, er habe keinen Grund gehabt, auf spezifische Zahlungen hinzuweisen.

Strafanzeige gegen Thormann

Nach der Zeugeneinvernahme von Markus Kattner reichte Platinis Anwalt Dominic Nellen Strafanzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung gegen Olivier Thormann ein. Thormann habe sich vergangene Woche nach seiner Zeugenaussage über eine Stunde lang mit Journalisten unterhalten. Zudem zeige Kattners Aussage, dass Thormann gelogen habe.

Im Rahmen des Beweisverfahrens reichte Nellen noch 13 Anträge ein, welche der Staatsanwalt des Bundes Thomas Hildbrand grossmehrheitlich zur Ablehnung empfahl. Nellens Anträge würden den Eindruck erwecken, dass die Bundesanwaltschaft selbst auf der Anklagebank sitze, gab er zu bedenken. "Wir debattieren hier und heute aber nur über das, was Gegenstand der Anklage ist."

Platini-Verteidiger Nellen wollte unter anderem die Rolle des ehemaligen Medienchefs der Bundesanwaltschaft André Marty geklärt haben, da dieser laut Gerüchten als Whistleblower fungiert haben könnte.

Das Gericht lehnte nach einer Beratung zwölf der 13 Anträge ab. Dem 13. Antrag von Nellen gab es statt indem es zusätzliche Beilagen in das Beweisverfahren aufnahm. Dieses ist nun abgeschlossen.

Plädoyers ab morgen Mittwoch

Die Bundesanwaltschaft wirft Blatter und Platini Betrug vor. Blatter soll eine Zwei-Millionen-Zahlung für angebliche Beraterdienste Platinis für die Fifa zwischen Juli 1998 und Juni 2002 gutgeheissen haben. Die Bundesanwaltschaft sieht keine rechtliche Grundlage für diese Zahlung.

Die beiden Beschuldigten hatten die Vorwürfe in der vergangenen Woche vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona in aller Deutlichkeit zurückgewiesen. Platini sieht in der Anklage ein Komplott, das dazu gedient habe, ihn als Fifa-Präsidenten zu verhindern und den Weg für Gianni Infantino frei zu machen.

Die Hauptverhandlung vor der Strafkammer dauert noch bis zum 22. Juni. An den insgesamt elf Verhandlungstagen wird jeweils nur am Vormittag debattiert - bis spätestens 13.30 Uhr. Der Gesundheitszustand von Joseph Blatter lässt maximal vier Stunden pro Tag zu. Die Fifa tritt im Verfahren als Privatkläger auf. Die Urteilseröffnung ist auf den 8. Juli festgelegt.

Die Verhandlung wird am Mittwoch mit dem Plädoyer der Bundesanwaltschaft um 8.30 Uhr fortgesetzt.

(AWP)