Der SMI hält sich derzeit noch knapp bei über 8900 Punkten. Im Januar hatte es noch ganz anders ausgesehen, da war der Leitindex kurzzeitig auf ein bisheriges Allzeithoch bei 9616 Punkten geklettert.

Nochmals deutlich mehr als 9000 Punkte im laufenden Jahr würden bedeuten, dass es eine Rally zum Jahresende hin braucht. Die Weltlage, Zinsen und die Verfassung der Unternehmenslandschaft werden darüber entscheiden, ob es tatsächlich noch einmal zu höheren Kursen kommen wird. Angefangen bei der Politik sind folgende Faktoren ausschlaggebend:

Handelskonflikt

Mehr als andere geopolitischen Themen der vergangenen Jahre beschäftigt der Handelskonflikt zwischen China und den USA die Aktienmärkte. Auch diese Woche hat eine neue Eskalation dafür gesorgt, dass die Märkte vor allem in Asien und Europa einmal mehr auf Talfahrt gingen. US-Präsident Donald Trump will weitere 200 Milliarden an chinesischen Gütern mit Abgaben auf der Einfuhr belegen.

Die Zürcher Kantonalbank ist wegen des Zollstreits vorsichtig, wie Researchchef Sven Bucher sagt. Eine Entspannung der Lage allerdings wären willkommene News für Aktienanleger: "Sollte sich dort etwas in Richtung Entspannung bewegen, dann liegt ein Kursschub bei Aktien durchaus noch drin. Aber der Verlauf des Konflikts ist schwierig vorauszusehen", sagt Bucher.

Nach wie vor handelt es sich beim Zollstreit aber um keinen veritablen Handelskrieg. Das Volumen an Waren, auf die Zölle erhoben werden, ist immer noch vergleichsweise gering. China scheint von den Massnahmen weit mehr getroffen zu sein als die USA, und die Unsicherheit ist in Europa weit spürbarer als in den USA. Aber es sind genau die Unsicherheiten, welche die Aktienanleger hemmen. Sie bleiben ein wesentlicher Faktor, der gegen steigende Kurse in den nächsten Wochen spricht.

Italien

Mehr als das Gezerre und Chaos um den Brexit könnte die politische Entwicklung in Italien noch Einfluss auf die Aktienmärkte nehmen. Die aus rechts- und linksgerichteten Anti-Establishment-Elementen gebildete italienische Regierung könnte mit einem ausgabenfreudigen Budget die Regeln der Eurozone stören. Unsicherheiten um das Land haben die Renditen auf Staatsanleihen wieder steigen lassen, aktuell betragen sie 2,9 Prozent. Der Unterschied ("Spread") zu deutschen Bundesanleihen beträgt 2,45 Punkte.

Die Eurozone kann dies alles nicht ignorieren, da die italienische Volkswirtschaft zu gross ist, um für die Entwicklung der europäischen Wirtschaft vernachlässigbar zu sein. Das Budget der Regierung in Rom soll noch diesen Monat stehen. Für Unruhen und verbalen Schlagabtausch wird es wohl sorgen, aber wie schon frühere Krisen gezeigt haben: Kurze Kursdämpfer sind möglich, aber nachhaltig den Schweizer Aktienmarkt beeinflussen wird auch die neue Regierung in Italien wohl nicht.

Schwellenländer

Die Krise um die Türkei hat gezeigt, wie verwundbar die Schwellenländer sind. Schulden und Kredite in Fremdwährungen sorgen dafür, dass die Instabilität hoch bleibt. Die Angst vor einer Abschwächung der "Emerging Markets" hat die Schweiz aber zunächst nicht beim Aktienmarkt getroffen. Stattdessen hat sich der Franken wieder aufgewertet: Der Euro-Franken-Kurs lag im Mai noch bei einem Verhältnis von knapp 1 zu 1.20 und ist nun auf unter 1.13 gefallen.

Ein Kurs bei mindestens 1.20 wäre der Export-Wirtschaft und der Nationalbank eindeutig lieber. Aber solange es nicht zu neuen Schocks kommt und der Kurs Euro-Franken nicht unter 1.10 fällt, können die Schweizer Unternehmen und damit auch der Aktienmarkt einigermassen mit der Wechselkurssituation leben.

Zinsen

Die US-Notenbank Fed dürfte dieses Jahr noch zwei Zinsschritte vornehmen, in Europa bleiben die Zinsen hingegen bei null. Die Renditen für amerikanische Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit indessen liegen aktuell bei ganz leicht über 3 Prozent. Mitte August lagen die Renditen bei 2,82 Prozent. Als die Treasuries im Mai kurzzeitig über 3,1 Prozent stiegen, war die Aufregung gross. Durchgesetzt hat sich aber die Meinung, dass dieses Niveau den Aktienmarkt noch nicht nachhaltig negativ beeinflusst.

Leitzinsen wichtiger Zentralbanken

Zentralbankaktueller Leitzinsvorheriger LeitzinsTendenz
Federal Reserve2 Prozent1,75 Prozent (bis Juni 2018)
EZB0 Prozent0,5 Prozent (bis Okt. 2016)
Bank von Japan-0,1 Prozent0 Prozent (bis Jan 2016)
Schweiz. Nationalbank-0,75 Prozent-0,5 Prozent (bis Jan. 2015)

Quelle: www.global-rates.com

Sowohl reale als auch nominale Zinsen sollten angesichts der guten Wirtschaftslage deutlich höher sein, sagt Andreas Homberger, Research-Leiter bei Hinder Asset Management. In den USA liegen nicht nur die Renditen der 10-jährigen US-Treasuries bei 3 Prozent, sondern auch die Inflation. "Würden die Treasury-Renditen graduell auf 3,5 steigen, dürfte das den Aktienmarkt noch nicht nachhaltig belasten. Bei  4 Prozent sieht es dann allerdings schon anders aus." Es bestehe derzeit aber wenig Grund zur Annahme, dass in nächster Zeit im grossen Stil US-Staatsanleihen verkauft würden, was einen deutlicheren Anstieg der Renditen bewirken würde. Der Zinsvorteil spreche derzeit zu sehr für US-Obligationen.

Unternehmensgewinne

Die Halbjahres- und Zweitquartalszahlen, die über den Sommer hinweg publiziert worden sind, zeichneten das Bild einer grossmehrheitlich robusten Schweizer Unternehmenslandschaft. Dennoch ist es in den vergangenen Monaten vor allem bei kleineren zyklischen Aktien zu deutlichen Kurseinbussen gekommen. Der Grosskonzerne-Index SMI hat seit Anfang Jahr einen Kursrückgang von 4,4 Prozent erlebt.

Die Schweizer «Crash»-Aktien und ihre Aussichten

"Bei den SMI-Titeln ist es derzeit schwer, sich neue Impulse vorzustellen", sagt Thomas Steinemann, Anlagechef bei der Bank Bellerive. Bei den Small und Mid Caps aber hätten die Kursrückschläge der vergangenen Monate bei nicht wenigen Titeln das Bewertungsniveau wieder interessanter gemacht. "Wir hatten generell ein schlechtes Aktienjahr, und viel negatives ist schon eingepreist. Daher ist es durchaus möglich, dass bei vielen Aktien die Kurse gegen Ende Jahr noch einmal steigen", sagt Steinemann.

Fazit: Der Hemmschuh für eine Aktienrally über den Herbst hinweg bis zum Jahresende ist in der Tat der Handelskonflikt. Die Erwartung, dass die US-Kongresswahlen im November eine Entspannung bringen, könnte sich als trügerisch erweisen: Sollten die Demokraten die Mehrheit im Senat zurückerlangen, könnte das den Handelskonflikt nicht beenden, sondern zu mehr Blockaden in der US-Politik führen. Auch dies würde Unsicherheiten für die Aktienmärkte bedeuten.

Mit steigenden Zinsen und Anleihenrenditen in den USA, der Aufwertung des Frankens und dem Hickhack um sowohl Italien als auch die Schwellenländer bestehen weitere Risiken für den Aktienmarkt. Aber diese dürften die Kurse nicht entscheidend beeinflussen.

Am Schweizer Aktienmarkt bis Ende Jahr auf Indexebene einen deutlichen Rebound zu sehen, ist von den Unternehmenszahlen gesehen unwahrscheinlich. Um die Punktstände von SMI und den SPI anzukurbeln, müssten die defensiven grossen Aktien deutlich zulegen, und danach sieht es nicht aus. Kleinere zyklische Titel könnten sich hingegen erholen und noch erfreuliche Kursgewinne feiern.