Die meisten Geschäfte sollen vom 16. Dezember bis zum 10. Januar schliessen, heisst es in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Entwurf für die Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel mit den 16 Ministerpräsidenten. Auch die Schulen sollen ab Mittwoch weitgehend zunächst auf Unterricht zuhause umstellen und die Weihnachtsferien bis zum 10. Januar verlängern.

Der Entwurf gilt nach den intensiven Vorgesprächen von Bund und Ländern am Samstag nach Aussagen aus Verhandlungskreisen als weitgehend geeint.

Die zusätzlichen Massnahmen werden in dem Papier mit den anhaltend hohen Corona-Infektionszahlen begründet. Deshalb brauche es neben Schliessungen von Gastronomie-, Freizeit- und Kultureinrichtungen weitere Beschränkungen, um die Kontakte und damit die Infektionsmöglichkeiten zu reduzieren. "Damit sollte zudem eine Überlastung des Gesundheitssystems verhindert werden, denn Krankenhäuser und vor allem zahlreiche Intensivstationen sind durch die hohen Zahlen schwer erkrankter Corona-Patienten stark belastet", heisst es in dem Papier.

Weiter stark steigende Zahlen

Das Robert-Koch-Institut meldete am Sonntag 20'000 Neuinfektionen. Das sind 2433 mehr als vor einer Woche. Es starben weitere 321 Menschen an oder mit dem Virus. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg laut RKI-Angaben weiter auf 169,1 und entfernt sich damit immer mehr vom Zielwert 50, den Bund und Länder anstreben. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100'000 Einwohner sich in Deutschland innerhalb von sieben Tagen neu anstecken.

Die Corona-Zahlen sind vor allem in Sachsen, Thüringen und Bayern besonders hoch. Dagegen weisen die Nord-Länder Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen immer noch Inzidenzen von unter 100 aus - allerdings ebenfalls mit steigender Tendenz.

Von der geplanten Schliessung des Einzelhandels ausgenommen sind Geschäfte, deren Waren und Dienstleistungen als absolut notwendig eingestuft werden: Das sind laut dem Entwurf der Lebensmittel-Einzelhandel, die Wochenmärkte und Direktvermarkter für Lebensmittel, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz- und Fahrradwerkstätten, Banken und Sparkassen, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons, Zeitungsverkaufsläden, Tierbedarfs- und Futtermittelmärkte, Weihnachtsbaumverkauf und Grosshandel. Dagegen werden Friseursalons, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe geschlossen.

Der Bund will betroffene Unternehmen und beispielsweise auch Soloselbständige finanziell unterstützen - allerdings nicht über einen Umsatzausgleich wie bei den sogenannten November- und Dezemberhilfen für die Gastronomie. Der Bund bietet vielmehr eine verbesserte Überbrückungshilfe III an, die Zuschüsse zu den Fixkosten vorsieht. Die Konditionen sollen verbessert werden, "insbesondere (mit) einem höheren monatlichen Zuschuss in Höhe von maximal 500.000 Euro für die direkt und indirekt von den Schliessungen betroffenen Unternehmen", heisst es. Damit dürften auf den Bundeshaushalt weitere Milliardenausgaben zukommen.

Versammlungsverbot an Silvester

Private Zusammenkünfte sollen laut Entwurf "in jedem Fall" auf maximal fünf Personen aus zwei Haushalten beschränkt werden. Kinder bis 14 Jahre sind hiervon ausgenommen. Vom 24. bis 26. Dezember können Länder davon leicht abweichen - aber nur "in Abhängigkeit von ihrem jeweiligen Infektionsgeschehen". In Kreisen mit mehr als 200 Inzidenzen soll es zusätzliche Ausgangsbeschränkungen geben. Am Silvestertag und Neujahrstag soll bundesweit ein An- und Versammlungsverbot gelten, der Verkauf von Pyrotechnik vor Silvester generell untersagt werden.

"Auch an den Schulen sollen im Zeitraum vom 16. Dezember 2020 bis 10. Januar 2021 die Kontakte deutlich eingeschränkt werden. Kinder sollen dieser Zeit wann immer möglich zu Hause betreut werden", heisst es in dem Papier. Es solle aber eine Notversorgung geben und für Kitas ähnliche Regeln gelten. Der Verzehr von alkoholischen Getränken im öffentlichen Raum soll untersagt und Verstösse mit einem Bussgeld belegt werden.

Wenn möglich ins Home Office

Betriebe müssen laut Entwurf nicht schliessen, werden aber aufgefordert vom 16. Dezember bis zum 10. Januar "Betriebsferien oder grosszügige Home-Office-Lösungen" zu prüfen, um die Kontakte einzuschränken. Gottesdienste in Kirchen, Synagogen und Moscheen sowie die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften sollen erlaubt bleiben.

In dem Papier heisst es, dass aber ein Mindestabstand der Gläubigen von 1,5 Metern gewahrt, Maskenpflicht "auch am Platz" sowie ein Gesangsverbot gelten müsse. Die Länder sollen verpflichtende Corona-Testungen in Alten- und Pflegeheimen prüfen, weil dort besonders viele Todesfälle auftreten. Bereits vor den Beratungen hatten neben der Bundeskanzlerin auch etliche Ministerpräsidenten sehr rasche Massnahmen noch vor Weihnachten gefordert. Dazu gehörten Nordrhein-Westfalens Landeschef Armin Laschet sowie sein bayerischer Kollege Markus Söder. Baden-Württemberg hatte bereits Samstag Ausgangsbeschränkungen erlassen, Sachsen schliesst Geschäfte wegen der hohen Infektionszahlen bereits ab Montag.

Auch Ärzte-Vertreter dringen auf schnelle harte Massnahmen, weil die Zahl der Intensivpatienten in den Krankenhäusern immer mehr zunimmt und deshalb in wenigen Wochen ein Notstand bei der Versorgung von Patienten erwartet wird, wenn die Infektionszahlen so hoch bleiben. Merkel und die Ministerpräsidenten sollen sich laut dem Papier am 5. Januar erneut treffen, um über die Massnahmen nach dem 11. Januar zu beraten. 

(Reuters/cash)