Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Eidgenössische Kommission für Impffragen (Ekif) haben am Dienstag vor den Medien in Bern die Grundzüge der Impfempfehlung für den Herbst vorgestellt. Sie sieht im Grundsatz vor, dass sich alle Personen ein viertes Mal impfen lassen. Ausgenommen davon sind lediglich Kinder und Jugendliche unter 16 Jahre.
Bei den Erwachsenen unterscheiden die Bundesbehörden nach Dringlichkeit der Impfempfehlung. Stark empfohlen wird der zweite Booster lediglich Personen über 65 Jahre oder mit Vorerkrankungen. Eine mittelstarke Empfehlung richtet sich an Personen, die etwa in Gesundheitseinrichtungen arbeiten oder privat besonders gefährdete Personen betreuen. Allen anderen Personen wird die Impfung zwar auch nahegelegt, jedoch ohne Nachdruck.
46'000 neue Fälle in sieben Tagen
Zu einer vierten Impfung bereits in diesem Sommer raten BAG und Ekif wie bis anhin schwer immungeschwächten Personen sowie neuerdings auch Personen über achtzig Jahre.
Zwar steigen die Fallzahlen seit einigen Wochen wieder stark an; am Dienstag etwa vermeldete das BAG 46'025 neue Fälle in den letzten sieben Tagen. Die Lage sei aber aufgrund der durch Impfung oder Infektion hohen Grundimmunisierung der Bevölkerung insbesondere in den Spitälern "stabil", sagte Céline Gardiol, Leiterin der Sektion Infektionskontrolle und Impfprogramme beim BAG.
Zweiter Booster sollte nicht zu früh erfolgen
Wie Ekif-Präsident Christoph Berger ergänzte, wäre eine zu frühe Verabreichung des Boosters an alle insofern problematisch, als die Schutzwirkung von den derzeit verfügbaren Impfstoffen nur relativ kurz anhalte und im Winter mit den höchsten Fallzahlen gerechnet werde. "Wenn wir im August impfen würden und die Welle dann im Dezember käme, wäre das nicht gut", sagte er.
Wann genau der richtige Zeitpunkt für den zweiten Booster sein wird, liess Berger offen. Er gehe aber davon aus, dass dies im vierten Quartal der Fall sein werde. Der genaue Zeitpunkt hänge einerseits von der Entwicklung der Pandemie, andererseits von der Verfügbarkeit eines adaptierten, bivalenten Impfstoffes ab.
Der adaptierte Impfstoff soll besser vor den neuen Omikron-Varianten schützen. Ein erstes Zulassungsgesuch von US-Hersteller Moderna sei bereits eingetroffen, sagte Philippe Girard, stellvertretender Swissmedic-Direktor.
Kantone rechnen nicht mit Ansturm
Für die Umsetzung der Impfempfehlung sind die Kantone zuständig. Sie rechnen indes nicht mit grossen Problemen. Insbesondere dürfte sich der Ansturm dieses Mal in Grenzen halten, wie Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte (VKS), ausführte. Es müsste wohl ein komplett neu mutiertes Virus auftreten, damit es wieder zu einem regelrechten Run auf Impfplätze kommen würde, so Hauri.
Ähnlich tönte es bei der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK). Es sei sehr hilfreich, die Grundzüge der Impfempfehlung für den Herbst zu kennen, teilte die GDK auf Anfrage von Keystone-SDA mit. "Je frühzeitiger die Kantone sich auf eine allfällige ausgeweitete Impfempfehlung vorbereiten können, desto einfacher ist für sie aber die Umsetzung."
Wegen der geringeren Nachfrage nach Covid-19-Impfungen hätten die Kantone ihre Impfkapazitäten seit Jahresbeginn zurückgefahren, so die GDK weiter. Die Hauptschwierigkeit für die Kantone bestehe darin, genügend Personal zu rekrutieren.
(AWP)