cash.ch: Der Technologieindex Nasdaq 100 hat dieses Jahr bereits um 25 Prozent korrigiert. Wie lange wird dieser Bärenmarkt noch Bestand haben?

Murdo MacLean: Der Ausverkauf kann noch länger anhalten. Insbesondere spekulative Titel kommen wegen der steigenden Zinsen kräftig unter Druck.

Wie beurteilen Sie die Geldpolitik der US-Notenbank Fed?

Die Fed hat einen schwierigen Job. Sie muss die Zinsen genügend erhöhen, um den Inflationsdruck abzuschwächen. Gleichzeitig darf sie nicht zu weit gehen, um der Wirtschaft keinen Schaden zuzufügen. In den USA ist es diesbezüglich möglich, die Zinsen stärker anzuheben als in Europa oder Japan.

Der Technologiesektor ist mit einem Anteil von einem Drittel in ihrem Fonds 'BNY Mellon Long-Term Global Equity Fund' stark vertreten…

Was die Fed tut, hat Auswirkungen auf die Bewertungen im Markt. Schlussendlich wird sie die Inflation aber unter Kontrolle bringen. Zu diesem Zeitpunkt oder bereits zuvor wird sich der Markt auf Fundamentaldaten und die Qualität von Geschäftsmodellen fokussieren. Wir sind sehr zuversichtlich, dass dann unsere gehaltenen Positionen gut performen werden.

Was sind die Hauptkriterien, um in das Portfolio des Fonds aufgenommen zu werden?

Die Unternehmen müssen über ein nachhaltiges Wachstum verfügen und eine hohe Profitabilität aufweisen. Die Eigenkapitalrendite muss höher als 20 Prozent sein. Angesichts der hohen Inflation und steigender Zinsen ist gerade eine starke Bilanz bedeutsam. Die Fremdkapitalkosten steigen in einem solchen Umfeld. Geringe oder keine Schulden zu haben, ist daher von Vorteil.

Zu ihren Top-Positionen gehören die grossen Technologieunternehmen Microsoft und Alphabet. Was überzeugt Sie an deren Geschäftsmodell?

Alphabet haben wir vor zehn Jahren gekauft. Die Google-Suche und die damit verbundene Online-Werbung ist das Hauptgeschäft von Alphabet und dominiert am Markt. Zudem ist der Konzern sehr profitabel. Microsoft halten wir seit mehr als fünfzehn Jahren. Das Geschäftsmodell hat sich erfolgreich von Desktop-Software hinzu Cloud-basierten Anwendungen und Gaming transformiert. Das Abo-Modell für Windows oder Office machen das Geschäftsmodell mehr widerstandsfähig und vorhersehbar. Wie Alphabet hat Microsoft eine starke Marktposition. Es gibt für Konsumenten keine wirkliche Alternative ausser das weniger bedeutsame Softwareangebot von Apple.

Ein anderer Technologietitel in ihrem Portfolio ist der taiwanesische Chiphersteller Taiwan Semiconductor. Wie beurteilen sie das politische Risiko eines Kriegs zwischen China und Taiwan?

Wir sind uns dieses Risikos bewusst. Wenn der Konflikt eskaliert, würde aber nicht nur Taiwan Semiconductor, sondern die ganze Welt einen schweren Tag erleben. Es würde signifikante Auswirkungen auf zahlreiche Unternehmen und Geschäftsbereiche haben.

Warum haben Sie trotzdem in Taiwan Semiconductor investiert?

In der Halbleiterindustrie ist Taiwan Semiconductor aufgrund des Geschäftsmodells extrem bedeutsam. Der Konzern ist schlussendlich ein Auftragsfertiger für die Industrie und verfügt dort einen Marktanteil zwischen 60 und 70 Prozent. Zudem verfügt Taiwan Semiconductor über eine grosse finanzielle Kraft. Nicht zahlreiche Unternehmen auf der Welt können 100 Milliarden Dollar für neue Fabrikationsanlagen ausgeben.

Wie lange wird der Chipzyklus noch anhalten?

Die Chipindustrie ist weniger zyklisch, als dies früher der Fall war. Mehr Industrien benötigen heutzutage Halbleiter. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Automobilsektor, der unter einer Chipknappheit leidet. Die Elektrifizierung von Autos verstärkt die Nachfrage, sind Elektroautos doch schlussendlich'Computer auf Rädern'.

Was ist der Investment-Case für Roche?

Roche gehört zu den führenden Pharmakonzernen auf der Welt und verfügt über eine attraktive Pipeline. Der Konzern hat einen guten Leistungsausweis, was die Entwicklung neuer Therapien angeht. Insbesondere die Tochter Genentech ist ein Innovationstreiber.

Warum sind in ihrem Portfolio keine Banken enthalten?

Wir sind im Finanzbereich einzig in zwei asiatischen Lebensversicherern investiert. Banken finden wir nicht attraktiv. Diese sind schwierig zu analysieren und verfügen über ein komplexes Geschäftsmodell. Dies gilt umso mehr für das Investment Banking. Banken sind daher eine eigentliche 'Black Box'. Es gibt einfachere und bessere Wege, um langfristig Geld zu verdienen.

Doch gerade Banken profitieren von den steigenden Zinsen.

Ja, im Moment performen Banken wegen der steigenden Zinsen gut. Doch wir müssen uns gleichzeitig daran erinnern, dass es eine Menge Leute gibt, die Schulden aufgenommen haben. Die steigenden Schuldkosten sorgen dafür, dass die Qualität der Bankbilanzen abnimmt. Nicht alle Menschen werden höhere Zinsen zahlen können. Steigende Zinsen sind daher nur auf den ersten Blick gut für Banken.

Welches sind die interessantesten Wetten in ihrem Portfolio?

Zu den aufregendsten Positionen gehört das US-Gentechnik-Unternehmen Illumina. Langfristig helfen deren Geräte der Pharmabranche, das Personalisieren der Medizin zu erreichen. Vor einem Jahr investierten wir auch in das Cybersecurity-Unternehmen Fortinet. Dieses ist ein grosser Player auf dem Gebiet der IT-Sicherheit. Der Sektor hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Früher war es ein Thema für die IT-Abteilungen in den Unternehmen, heute ist IT-Sicherheit ein fester Bestandteil der Agenda der CEOs.

Murdo MacLean ist Investmet-Manager für den "BNY Mellon Long-Term Global Equity Fund". Er kam 2006 zu Walter Scott, wo er die ersten 12 Jahre für das Research-Team, das sich auf japanische und amerikanische Aktien konzentrierte, tätig war. Walter Scott ist eine Tochtergesellschaft von BNY Mellon Investment Management. Das Unternehmen verwaltet über 2 Billionen Dollar an Vermögen.

Das Interview fand im Rahmen einer Medienreise statt, zu der BNY Mellon Investment Management eingeladen hatte.