Cottage-Vermieter in Irland, Ferienpark-Betreiber in England oder Hausboot-Vermieter in Deutschland können sich freuen. Sie alle werden von Anfragen und Buchungen überhäuft.
"Die Nachfrage boomt wie verrückt", erzählt Stefanie Knöß, in Deutschland für das Marketing des größten europäischen Hausboot-Verleihers Le Boat verantwortlich. Im Januar hätten die Buchungszahlen 60 Prozent über Vorjahr gelegen. "Wir beobachten den Trend in allen Märkten, aber Deutschland ist herausragend."
Lust auf Urlaub im eigenen Land spürt auch das Ferienwohnungs-Portal FeWo-Direkt. Die deutschen Küstenländer Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen rangierten bei den Suchanfragen im Januar vor den spanischen Balearen, Österreich und Kroatien. Im Januar 2020 hatte Tirol dagegen auf Platz eins gelegen.
Trend zu Heimat-Ferien hält wegen der Pandemie noch länger an
Nach einer Umfrage von FeWo-Direkt unter Familien können sich nur 33 Prozent derzeit vorstellen, im Sommer Urlaub im Ausland zu machen. In den Jahren vor der Pandemie führten dagegen fast 75 Prozent der Urlaubsreisen ins Ausland, vorzugsweise ans Mittelmeer, wie die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) herausfand. FUR-Forscher Ulf Sonntag geht davon aus, dass der Trend zum Deutschland-Urlaub wegen der Pandemie noch länger anhält: "In den nächsten Jahren wird sicher Deutschland davon profitieren..., und die Nachbarländer auch."
Der Hausboot-Spezialist Le Boat - mit einer Flotte von über 900 Booten in neun Ländern Marktführer in Europa - nutzt den Corona-Boom zur Expansion. Das Geschäft in Deutschland läuft so gut, dass die Flotte von rund 90 Booten um 16 erweitert werde. Sieben davon werden neu gebaut. "Das ist ein sehr großes Investment für uns", betont Knöß. Schon im vergangenen Jahr entdeckten viele die schwimmenden Ferienhäuschen als Urlaubserlebnis. Die Hemmschwelle ist gering, denn ein Hausboot-Kapitän braucht keinen Führerschein, um gemächlich über Seen, Flüsse und Kanäle zu schippern.
Wegen des großen Interesses hätte sich die Hauptsaison 2020 einige Wochen bis Ende Oktober verlängert, sagt Christian Tiedt, Ressortleiter Reise vom Fachblatt "Boote", der seit rund 15 Jahren den Markt beobachtet. "Für dieses Jahr dürfte mit noch mehr frühzeitigen Buchungen zu rechnen sein, weil sich viele Urlauber wegen Corona auf Deutschland fokussieren und vielleicht während der Pandemie zum ersten Mal von dieser Reiseart gehört haben."
Wohnmobilbauer im Hoch
Ausnahmezustand herrscht auch in Irland. Kaum hatte ein Minister der Regierung in Dublin im Radio erklärt, dass Urlaub im Ausland sehr unwahrscheinlich sei, brummte bei Terry O'Toole in der malerischen Region Connemara das Geschäft. Schon im vorigen Jahr hätte er seine 100 Ferienhäuser drei Mal vermieten können, als der Lockdown im Sommer vorbei war. Jetzt rechnet er mit bis zu 90 Prozent Belegung im Juli und August. Womöglich gehe noch mehr, hofft O'Toole: "Wenn wir den Juni dazubekommen, wären wir froh - April und Mai noch, das wäre ein Traum."
Zu den Gewinnern des Trends zu Ferien daheim gehören auch Sportwaren-Hersteller oder Wohnmobilbauer. Mit einem Plus von fünf Prozent waren letztere im Januar im ansonsten noch strauchelnden Fahrzeugmarkt das einzige Wachstumssegment bei den Neuzulassungen, wie das Kraftfahrt-Bundesamt mitteilte. Damit setzt sich der Trend von 2019 fort, als 76'225 Wohnmobile neu zugelassen wurden, ein Plus von 41 Prozent zum Vorjahr.
Das Interesse an der rollenden Ferienwohnung wachse unter jungen Menschen, regionaler Tourismus sei im Trend, erklärt Wolfgang Speck, Chef des Wohnmobilbauers Knaus Tabbert. "Caravaning wird weiter zu den beliebtesten Urlaubsformen der Zukunft gehören und noch attraktiver werden."
(Reuters)