Alle Fernzüge würden ab Donnerstag gestoppt, teilte das Unternehmen mit. Amtrak ist zwar nicht direkt in den Arbeitskampf verwickelt. Allerdings betreibt der Konzern fast alle seiner 21'000 Streckenmeilen (33'800 km) ausserhalb des Nordostens auf Gleisen, die Güterbahnbetreibern gehören und von ihnen instand gehalten werden. Vom Ausfall betroffen sind etwa die Verbindungen von der Hauptstadt Washington nach Sanford (Florida) und Pittsburgh sowie Chicago. Vor der Corona-Pandemie zählte Amtrak jährlich etwa 4,4 Millionen Fahrgäste in seinen Fernzügen.
Grosse Güterbahnanbieter wie Union Pacific, CSX, Norfolk Southern und die zu Berkshire Hathaway von Investorenlegende Warren Buffett gehörende BNSF haben bis Freitag um eine Minute nach Mitternacht Zeit, um sich mit drei Gewerkschaften zu einigen. Diese vertreten rund 60'000 Beschäftigte und fordern höhere Löhne sowie bessere Arbeitsbedingungen. Ein Stillstand könnte fast 30 Prozent der US-Gütertransporte zum Erliegen bringen. Experten schätzen den volkswirtschaftlichen Schaden durch einen Streik auf rund zwei Milliarden Dollar - pro Tag.
Auch für Amtrak kann der drohende Streik teuer werden. Die Entscheidung, Fernzüge auszusetzen, sei "negativ für die Bonität", so die Ratingagentur Moody's. Das wirke sich "auf die Kundenbindung und den Umsatz aus, was zu höheren Betriebsverlusten führen wird". Die Folgen für die Kreditwürdigkeit von Amtrak seien aber vorerst begrenzt, da das Unternehmen staatliche Zuschüsse erhalte.
Lebensmittel-, Energie-, Auto- und Einzelhandelskonzerne haben den Kongress zum Eingreifen aufgefordert. Eine Blockade des Schienenverkehrs bedrohe viele Bereiche - von der Getreideversorgung bis hin zu den Warenlieferungen für das anstehende Weihnachtsgeschäft. Agrarverbände wie die National Corn Growers Association erklärten, eine Arbeitsniederlegung würde die landwirtschaftliche Produktion und die Lieferketten lähmen sowie die Inflation der Lebensmittelpreise verschärfen. Fast ein Viertel der US-Getreidelieferungen gehen über die Schiene, davon etwa die Hälfte Mais. Erste Transporte, die für diesen Donnerstag geplant waren, wurden bereits gestrichen.
"Ein Schlüsselproblem ist die Sicherstellung der kontinuierlichen Verteilung von lebenswichtigen Gefahrgütern, die vom Bahntransport abhängen, wie Chlor für Wasseraufbereitungsanlagen", sagte ein Mitarbeiter des US-Präsidialamts zu Reuters. Die Bahnbetreiber haben am Montag die Annahme von Sendungen mit gefährlichen Stoffen wie Chlor und Chemikalien für Düngemittel gestoppt, damit diese nicht an unsicheren Orten stranden, sollte der Güterverkehr eingestellt werden. Die Energiebranche wiederum ist auf die Bahn angewiesen, um Kohle, Rohöl, Ethanol und andere Produkte zu transportieren.
(Reuters)