Den Entscheid für den Brief fällte die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates (APK-N) mit 15 zu 10 Stimmen, wie die Parlamentsdienste am Dienstag mitteilten. In ihren Augen sind die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für ein obligatorisches Referendum nicht erfüllt, für keines der neuen Abkommen.

Keine supranationale Gemeinschaft

Dasselbe gilt laut der APK-N für die nachgeführten bestehenden bilateralen Abkommen mit Brüssel, wie es in der Mitteilung hiess. Die Abkommen sähen keinen Beitritt der Schweiz zu einer supranationalen Gemeinschaft vor, lautete eine Begründung.

Das Bundesamt für Justiz (BJ) war in einer Analyse zum Schluss gekommen, dass gemäss der Verfassung die EU-Verträge nicht dem obligatorischen Referendum unterstellt werden können, auch nicht ausnahmsweise. Es handele sich um eine juristische, nicht um eine politische Einschätzung, hielt das BJ damals fest.

Der Bundesrat hat über die Frage «fakultativ oder obligatorisch» noch nicht entschieden. Nach dem Abschluss der Verhandlungen mit Brüssel im Dezember sagte Aussenminister Ignazio Cassis, dass die Frage auf die Eröffnung der Vernehmlassung verschoben worden sei.

Die APK-N diskutierte laut der Mitteilung lange über die Art des Referendums. Sie befasste sich mit der Analyse des BJ und hörte zudem BJ-Direktor Michael Schöll an. Die Kommissionsberatung zu der Analyse des BJ sei nun Grundlage für den von der Mehrheit beschlossenen Brief an den Bundesrat.

Die Minderheit hielt laut Mitteilung ein obligatorisches Referendum und damit die Zustimmung von Volk und Ständen für angezeigt. Zumindest hätte sie die Frage mit weiteren Studien prüfen wollen.

Kritik von der SVP

Die anderen Parteien wollten ausdrücklich keine Volksabstimmung zum «EU-Knebelvertrag», kritisierte die SVP den Entscheid der APK-N. Ein obligatorisches Referendum und damit die Mitsprache von Volk und Ständen verlangt auch die Kompass-Initiative. Hinter diesem Begehren steht eine überparteiliche Unternehmergruppierung.

Über die neuen Verträge einigten sich Bern und Brüssel im Dezember 2024. Die Abkommen über Luft- und Landtransport sowie Personenfreizügigkeit, gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen und Handel mit Landwirtschaftsprodukten sollen aktualisiert werden. Für Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit wurden neue Abkommen verhandelt.

(AWP)