Gegen 10.45 Uhr rücken Nestlé um 1,9 Prozent auf 85,45 Franken vor. Im frühen Handel waren die Papiere des Nahrungsmittelkonzerns noch bis auf 81,60 Franken getaucht (-2,7 Prozent). Seit Jahresbeginn waren die Titel von über 100 Franken kontinuierlich zurückgefallen. Vor allem Sorgen vor einer Abschwächung des Wachstums führten dazu. Vom Nestlé-Richtungswechsel profitiert auch der Gesamtmarkt (SMI), der nach anfänglichen Verlusten nun um 0,18 Prozent vorrückt.

Die Nestlé-Aktie habe nach dem stetigen Rückgang während des Jahres nun wohl den Boden gefunden, meinen Börsenexperten. Nestlé bleibe eine Qualitätsaktie und mit dem vom neuen Chef Laurent Freixe abgegebenen Bekenntnis zu profitablem Wachstum werde Nestlé allmählich an Vertrauen zurückgewinnen, so ein Händler. Schnäppchenjäger würden die tiefen Notierungen für einen Einstieg nutzen.

Mit den Zahlen zu den ersten neun Monaten hat Nestlé allerdings noch nicht brilliert und etwa beim Umsatz sogar die pessimistischsten Analystenschätzungen verfehlt. Entgegen den anders lautenden Erwartungen habe sich das organische Wachstum zwischen Anfang Juli und Ende September weiter verlangsamt, heisst es in einem Kommentar. Das sei nicht nur der Entwicklung bei den Absatzmengen, sondern auch der Verkaufspreise geschuldet.

Vor allem die Umsatzentwicklung in Nordamerika sei enttäuschend, so Analysten. Nordamerika ist nach neun Monaten die einzige Region mit einem leicht rückläufigen organischen Wachstum. Nun wird befürchtet, dass der Siegeszug von Abnehm-Spritzen das Verhalten der dortigen Konsumentinnen und Konsumenten verändern könnte.

Nestlé nimmt den Wechsel von Laurent Freixe an die Konzernspitze zum Anlass, die diesjährigen Wachstums- und Margenvorgaben nach unten anzupassen. Für viele Analysten kommt dieser Schritt zwar nicht völlig überraschend. Dennoch ist die Enttäuschung gross, denn der Konzern hat die Ziele unter seinem früheren Firmenchef in diesem Jahr schon einmal gekürzt. Zudem fällt die Senkung noch deutlicher als befürchtet aus.

Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy schreibt von einem «sehr schmerzhaften Schritt». Für ihn ist unerklärlich, weshalb das Unternehmen noch im Juli mit einem organischen Umsatzwachstum von 4 Prozent in diesem Jahr rechnen konnte. Der Analyst lässt keine Zweifel daran, dass Nestlé nun möglichst rasch zu seinen eigentlichen Stärken zurückfinden muss: Marketing und Kundennähe.

Andere Berufskollegen finden zwar weniger drastische Worte, teilen die Meinung des Vontobel-Analysten jedoch. Die angekündigten personellen und organisatorischen Veränderungen werden als ein erster wichtiger Schritt beurteilt.

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(AWP)