Wer die Zusagen gemacht hat, sagte der Norweger nach der Sitzung des sogenannten Nato-Ukraine-Rates zunächst nicht. Konkrete Ankündigungen sollen demnach in den nächsten Tagen durch einzelne Mitgliedstaaten gemacht werden. Länder, die selbst keine verfügbaren Luftverteidigungssysteme haben, sagten nach Angaben von Stoltenberg zu, finanzielle Unterstützung für den Kauf von Systemen für die Ukraine zu leisten.
Die Ukraine benötigt zum Schutz ihrer Städte nach den Worten von Selenskyj aktuell mindestens sieben weitere Patriot-Systeme oder ähnliche Systeme. «Und das ist die Mindestanzahl», sagte er am Freitag in seiner Videoschalte mit den Mitgliedern des Nato-Ukraine-Rats. «Unsere Positionen auf dem Schlachtfeld brauchen wirklichen Schutz vor Luftschlägen», betonte der Staatschef. Das gelte auch für die Städte im ukrainischen Hinterland. Er erinnerte dabei an den russischen Raketenangriff auf die Grossstadt Dnipro in den Morgenstunden und einen Raketenschlag auf Anlagen im Odessa-Hafen Piwdennyj.
Seit Jahresbeginn habe Russland auf Ziele in der Ukraine mehr als 1200 Raketen abgefeuert. Zudem seien mehr als 1500 Kampfdrohnen iranischer Bauart eingesetzt worden. Trotz aller Schwierigkeiten gelang es der ukrainischen Flugabwehr den Grossteil abzuschiessen. Doch gleichzeitig habe die russische Luftwaffe über 8500 Gleitbomben eingesetzt, gegen die es bisher kein Gegenmittel gibt.
Daneben benötige die Ukraine noch mindestens eine Million Artilleriegranaten. «Sie müssen endlich an die Front geliefert werden», forderte Selenskyj. Der ukrainische Staatschef und seine führenden Militärs haben in den vergangenen Wochen wiederholt über Munitionsmangel geklagt. Aus diesem Grund mussten ukrainische Truppen wiederholt Stellungen aufgeben und vor den russischen Einheiten zurückweichen.
Selenskyj sprach auch die Notwendigkeit von weiter reichenden Waffen für die ukrainischen Truppen an. Diese Systeme, wie etwa die deutschen Taurus-Marschflugkörper, waren der Ukraine zuletzt aus politischem Kalkül verweigert worden. «Es ist absurd, wenn Partner Angst vor ihrer Stärke haben», sagte Selenskyj. «Je mehr Langstreckenwaffen (gemeint sind Waffen mit grösserer Reichweite) unsere Soldaten in der Hand haben, desto näher ist der Frieden.»
Ferner benötige die Ukraine Kampfflugzeuge, um sich gegen die russische Luftwaffe zu wehren. «Es geht nicht um die Zahl der Versprechen, sondern um die tatsächliche Zahl der Flugzeuge am Himmel», sagte er mit Blick auf zugesagte Jets vom Typ F-16, die mehrere Länder an Kiew nach entsprechender Pilotenausbildung liefern wollen.
Die Bundesregierung hatte bereits am Wochenende angekündigt, der Ukraine ein weiteres Patriot-System zu liefern. Weiteres Potenzial sehen Militärs beispielsweise in Spanien. Neben Patriots könnten der Ukraine nach eigenen Angaben auch Systeme wie Iris-T, Samp/T und Nasams helfen.
Nato-Generalsekretär Stoltenberg hatte zuletzt gesagt, in der derzeitigen Situation sei es aus seiner Sicht wichtiger, der Ukraine zu helfen, als Bündnisziele für das Vorhalten von Waffen und Munition zu erfüllen.
(AWP)