Demnach soll der Umsatz 2024 nun lediglich in der unteren Hälfte der bisherigen Bandbreite von 20,7 bis 22,1 Milliarden Euro herauskommen. Abseits der KI habe sich breitere Halbleitermarkt nicht so entwickelt, wie der Konzern es erwartet habe, sagte Finanzchefin Helene von Röder am Donnerstag vor Journalisten zur Begründung.
An der Börse rutschte die Aktie in der Früh ab und stand zuletzt mit 1,4 Prozent Abschlag am Dax-Ende. Ein Händler sprach von einem «durchwachsenen Quartal», Analysten sahen wenig Überraschungen in dem Bericht. Die erst langsam einsetzende Erholung bei Merck hat der Aktie in diesem Jahr zugesetzt. Nach einer Berg- und Talfahrt steht das Papier seit dem Jahreswechsel zwar leicht im Plus, vom Jahreshoch Ende August ist der Kurs aber rund 16 Prozent eingebrochen.
In den drei Monaten von Juli bis September war der Konzernerlös im Vergleich zum Vorjahr aus eigener Kraft um fast vier Prozent gestiegen, wie Merck mitteilte. Negative Währungseffekte minderten das Plus jedoch auf 1,8 Prozent auf knapp 5,3 Milliarden Euro. Das bereinigte operative Ergebnis erreichte mit gut 1,6 Milliarden Euro ein Plus von 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Damit verdiente Merck im Tagesgeschäft mehr als erwartet. Nach Steuern stieg der Gewinn um knapp zehn Prozent auf 812 Millionen Euro.
Dabei erzielte die gemessen am Umsatz grösste Sparte für Laborbedarf im Berichtszeitraum erstmals seit dem ersten Quartal 2023 wieder einen organischen Zuwachs. Effizienzmassnahmen sorgten dort zudem auch für einen Ergebnisanstieg. Der Geschäftsbereich hatte in der Pandemie von einer starken Nachfrage von Impfstoffherstellern und Forschern profitiert, anschliessend hatten viele Kunden sich aber erst einmal aus ihren vollen Beständen bedient und weniger bestellt. Dieser Lagerabbau geht nun laut Merck schrittweise dem Ende zu. Neben dem Bereich rund um die Arzneimittelherstellung lief zuletzt auch Mercks Geschäft mit der Forschung wieder besser.
Während in der Pharmasparte vor allem Medikamente gegen Multiple Sklerose und Krebs für Schwung sorgten, stampfte der Konzern dort seine Ausgaben für Forschung und Entwicklung ein. Das operative Ergebnis der Sparte stieg dadurch kräftig. Merck hatte nach zwei gefloppten Studien die Tests an den Arzneien Evobrutinib (Multiple Sklerose) und Xevinapant (Krebs) eingestellt. Die Südhessen wollen nun verstärkt Lizenzen für die Medikamente anderer Unternehmen erwerben. Die eigenen Forschungsausgaben dürften vorerst niedrig bleiben, sagte von Roeder.
Im Geschäftsbereich Electronics, in dem Merck sein Geschäft mit Halbleitermaterialien bündelt, bleibt die Entwicklung weiter zweigeteilt: Einerseits verspüren die Darmstädter dort seit einigen Monaten eine starke Nachfrage nach Materialien für moderne Halbleiter und Künstliche Intelligenz (KI). KI-Chips müssen besonders leistungsfähig sein und Merck optimiert die Materialien, die für die Herstellung gebraucht werden. Zugleich verschiebt sich aber die Erholung des restlichen Halbleitermarktes laut von Roeder in das Jahr 2025. Probleme bereitet Merck dabei das Projektgeschäft, «hier gibt es stärkere Schwankungen, da wir von individuellen Aufträgen abhängig sind», ergänzte die Finanzchefin.
Auch in den anderen zur Sparte gehörenden Geschäften gingen die Erlöse zurück. Die Farbpigmente litten laut Röder unter einer schwachen Nachfrage aus der Kosmetikindustrie, und im Bereich mit Flüssigkristallen etwa für Displays macht der anhaltende Preisdruck zu schaffen.
Das schwächelnde Geschäft mit Farbpigmenten dürfte Merck indes nicht mehr lange belasten: Der Konzern hatte im Juli den Verkauf an die chinesische Global New Material International für 665 Millionen Euro vereinbart. Dieser soll im kommenden Jahr abgeschlossen werden.
Unterdessen hat sich Merck nach der Corona-Delle im Jahr 2023 für dieses Jahr wieder profitables Wachstum zum Ziel gesetzt. Der jetzt eingeengten Prognose zufolge soll der um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) um den Mittelwert der Zielspanne von 5,8 bis 6,4 Milliarden Euro herauskommen. Auch die Bandbreite von 8,20 bis 9,30 Euro für das Ergebnis je Aktie will Merck etwa in der Mitte treffen./tav/lew/stk
(AWP)