Die zwölf Geschworenen hatten sich am Montagnachmittag (Ortszeit) zur Beratung zurückgezogen, nachdem Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Beweisführung beendet hatten. In dem Prozess in der Stadt Wilmington im Bundesstaat Delaware war Hunter Biden zur Last gelegt worden, bei einem Waffenkauf im Oktober 2018 falsche Angaben gemacht und seine damalige Drogenabhängigkeit verschwiegen zu haben. Am Dienstagmorgen (Ortszeit) waren die Geschworenen erneut zu Beratungen zusammengekommen.

Intime Details im Scheinwerferlicht

Hunter Biden macht seit Jahren Schlagzeilen. Es geht neben Alkoholsucht und Drogenabhängigkeit auch um windige Geschäfte oder rechtliche Streitigkeiten mit einer ehemaligen Stripperin über den Unterhalt für ein uneheliches Kind. Anfang Dezember wurde er auch im Bundesstaat Kalifornien angeklagt, weil er Bundessteuern für mehrere Jahre nicht ordnungsgemäss gezahlt haben soll.

Wegen der verschiedenen Vorwürfe hatte es gegen den Präsidentensohn zuvor ausführliche Ermittlungen gegeben. Im Juli 2023 scheiterte eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft zur Umgehung von Gerichtsverfahren. Mitte August ernannte US-Justizminister Merrick Garland einen Sonderermittler in dem Fall. Im September und Dezember folgten dann jeweils die Anklagen in Delaware und Kalifornien.

Während des Waffenprozesses in Wilmington wurde einiges an schmutziger Wäsche gewaschen, die politische Gegner von Joe Biden ausführlich für eigene Zwecke nutzten. Neben Hunter Bidens Tochter Naomi sagten auch ehemalige Partnerinnen aus. Die Befragungen warfen ein Schlaglicht auf die Drogensucht des Präsidentensohnes, die er in seiner Autobiografie selbst öffentlich gemacht hatte. Er bestreitet jedoch, während des Waffenkaufs drogenabhängig gewesen zu sein.

Zwar kam US-Präsident Biden selbst nicht in den Gerichtssaal. Dafür zeigten aber diverse andere Familienangehörige Solidarität - etwa Hunters Stiefmutter, First Lady Jill Biden. Dass sie als moralische Stütze über Tage hinweg in einem Gerichtssaal in Erscheinung trat, war ebenso ungewöhnlich wie die Anklage gegen den Präsidentensohn selbst.

US-Wahljahr ohnegleichen

Die juristischen Probleme von Hunter Biden verschärfen die Lage in einem ohnehin extrem aufgeheizten US-Wahljahr. Demokrat Joe Biden will für eine zweite Amtszeit ins Weisse Haus einziehen - ebenso wie der republikanische Ex-Präsident Donald Trump, der selbst von einer Jury im Bundesstaat New York wegen illegaler Wahlkampf-Finanzierung schuldig gesprochen wurde. Die Verkündung des Strafmasses steht noch aus, im schlimmsten Fall drohen Trump bis zu vier Jahre Haft. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird oder er eine Geldstrafe zahlen muss.

Im Wahlkampf dienen die jeweiligen Prozesse als politische Munition für die Gegenseite. Die Demokraten versuchen, Trump als verurteilten Straftäter zu diskreditieren. Dieser wiederum benutzt das Urteil in New York ausgiebig, um Wahlkampfspenden zu sammeln und stellt das juristische Vorgehen gegen ihn als politische Hexenjagd dar. Selbst bei einer rechtskräftigen Verurteilung könnte Trump bei der Präsidentenwahl im November antreten. Der Republikaner hat ausserdem bereits durchblicken lassen, Urteile bei einem Wahlsieg zurückdrehen zu wollen. In New York könnte er das allerdings nicht, da es sich nicht um einen Fall auf Bundesebene handelt.

Vor dem Urteil gegen Hunter Biden hatte US-Präsident Biden angekündigt, ihn im Falle eines Schuldspruchs nicht zu begnadigen. Hunter ist sein Sohn aus erster Ehe. Als junger Mann verlor der heutige Präsident 1972 seine damalige Frau Neilia und die gemeinsame Tochter Naomi bei einem Autounfall. Seine Söhne Beau und Hunter überlebten. Joe Bidens zweite Frau Jill übernahm die Mutterrolle für beide. 2015 starb Bidens Sohn Beau im Alter von 46 Jahren an den Folgen eines Hirntumors. Joe und Jill Biden haben noch eine gemeinsame Tochter namens Ashley./gei/DP/ngu

(AWP)