Diese Schere sei in den letzten Jahren deutlich auseinandergegangen und heute ein erheblicher Produktivitätsnachteil. «Bisher wurde das durch die hohe Profitabilität der Unternehmen verdeckt. Stichwort Globalisierung. Aber China ist mittlerweile als grosser Absatzmarkt stark zurückgegangen und ein wesentlicher Wettbewerber geworden.» Nach Auffassung des Chefs der grössten deutschen Landesbank muss an vielen Punkten nachjustiert werden. «Das sind die hohen Energiepreise, Sozialnebenkosten, eine geringe Digitalisierung in Relation zu hochproduktiven Ländern, eine Bürokratie, die sich selbst ernährt, und marode Infrastrukturen.»
Über weniger Feiertage diskutieren
Neske sagte, es gebe nicht das einfache Rezept. Man werde aus dieser strukturellen Krise nur rauskommen, wenn man auch unangenehme Themen anpacke. In Deutschland gebe es zu viele Feiertage. «Wenn Sie alleine an die Zeit zwischen Ostern und Pfingsten denken, gibt es kaum noch eine volle Arbeitswoche. Und gleichzeitig haben wir mengenmässig grosse Austritte aus den Kirchen und viele kirchliche Feiertage, die andere Länder nicht haben. Deswegen halte ich es für legitim, darüber zu diskutieren.»
Notwendig sei in Deutschland eine Reformagenda «und ein generelles Umdenken, was die Rolle des Staates ist.» Ohne Zumutungen für alle Beteiligten werde man die strukturellen Probleme des Landes nicht lösen, zeigte sich der Manager überzeugt.
Martin Gross, Verdi-Landesbezirksleiter Baden-Württemberg, wies den Vorstoss Neskes zurück: «Es ist nicht die Aufgabe des Chefs einer Bank in mehrheitlich öffentlicher Hand, am Neujahrstag libertäre Forderungen im Stil des gescheiterten Finanzministers Lindner zu verbreiten.» Neske ziele mit seinen Forderungen auf einen Abbau des Sozialstaates, sagte Gross laut einer Mitteilung.
Der Gewerkschafter forderte massive staatliche Investitionen, damit Deutschland international wettbewerbsfähig bleibe. «Andere Länder investieren in die Zukunft, statt sich kaputtzusparen», sagte er laut der Mitteilung. «Viele gut ausgebildete junge Eltern arbeiten weniger, als sie können und wollen, weil zu wenig in Kitas investiert wurde. Und etliche befinden sich deshalb in einer Teilzeitfalle.»/ols/DP/he
(AWP)