Für 2024 peilt der Dax-Konzern laut Mitteilung nun Erlöse von 45,5 bis 47,5 Milliarden Euro sowie einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 10,0 bis 10,3 Milliarden Euro an. Zuletzt waren noch 10,2 bis 10,8 Milliarden operativer Gewinn in Aussicht gestellt worden, nachdem Bayer im vergangenen Jahr operativ 11,7 Milliarden Euro verdient hatte. Die mittlere Analystenschätzung für 2024 liegt am oberen Ende des neuen Zielbereichs. Auch auf Basis konstanter Wechselkurse wurden die Leverkusener vorsichtiger für 2024.

Immerhin: Am Ziel für den freien Finanzmittelfluss hält Finanzchef Wolfgang Nickl fest. Nach einem Free Cashflow von 1,1 Milliarden Euro im dritten Quartal liegt dieser im bisherigen Jahresverlauf nun bei gut minus 200 Millionen Euro. «Im vierten Quartal erwarten wir starke Cash-Beiträge, mit denen wir unsere Ziele für das Gesamtjahr erreichen wollen», so Nickl. Für 2024 sind weiterhin 2 bis 3 Milliarden Euro geplant. Angesichts der hohen Verschuldung der Leverkusener steht der Free Cashflow durchaus besonders im Fokus. Die Nettoverschuldung sank per Ende September im Jahresvergleich um knapp zehn Prozent auf gut 35 Milliarden Euro.

Im Agrarbereich sei die Marktentwicklung schlechter als erwartet, insbesondere in Lateinamerika, sagte Bayer-Chef Bill Anderson laut Mitteilung mit Blick auf den pessimistischeren Gewinnausblick. Zudem bekomme Bayer weiterhin Preisdruck im Pflanzenschutzgeschäft zu spüren, weshalb die Jahresziele der Sparte Crop Science gesenkt worden seien. Die Perspektiven für 2025 seien verhalten, denn regulatorische Vorschriften und Preisdruck durch Nachahmerprodukte dürften das Pflanzenschutzgeschäft belasten.

Alles in allem schrieb Bayer auch daher im dritten Quartal Geschäfts- und Firmenwerte der Sparte in Höhe von fast 3,3 Milliarden Euro ab. Die Abschreibungen auf den Firmenwert in der Division Crop Science nach der Monsanto-Akquisition (2018) belaufen sich bisher insgesamt auf 12,9 Milliarden Euro, sagte ein Sprecher auf Nachfrage.

Mit Blick auf die Pharmasparte rund um rezeptpflichtige Medikamente soll der obere Bereich des im Sommer erhöhten Ausblicks erreicht werden. «Wir sind zufrieden mit der Entwicklung unserer Markteinführungen», sagte Anderson. Die Umsatzzuwächse mit dem Prostatakrebsmedikament Nubeqa und Kerendia zur Behandlung einer chronischen Nierenerkrankung von Diabetikern dürften sich 2025 fortsetzen.

Bayer ist auf Erfolge solcher noch recht junger Medikamente angewiesen, um die fortgesetzte Umsatzerosion mit dem Kassenschlager Xarelto zumindest teilweise aufzufangen. So laufen in den verschiedenen Regionen der Welt weiterhin Patente für den Blutgerinnungshemmer aus, der Wettbewerbsdruck durch Generika nimmt zu. Der Xarelto-Umsatz fiel im dritten Quartal im Jahresvergleich um fast ein Viertel auf gut 800 Millionen Euro und deutlicher als von Analysten erwartet. Zum Vergleich: Nubeqa und Kerendia brachten es in Summe auf etwas mehr als 540 Millionen Euro.

Konzernweit sank der Umsatz im abgelaufenen dritten Quartal im Jahresvergleich um 3,6 Prozent auf 9,97 Milliarden Euro. Dabei konnte lediglich die Sparte Consumer Health rund um rezeptfreie Medikamente den Erlös zumindest ein klein wenig steigern. Ohne negative Wechselkurseffekte wäre es auch auf Konzernebene ein kleines Plus geworden.

Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) brach um gut ein Viertel auf 1,25 Milliarden Euro ein. Unter dem Strich fiel ein Verlust von knapp 4,2 Milliarden Euro an - nach einem Minus von 4,57 Milliarden vor einem Jahr. Die abermaligen roten Zahlen gehen vor allem auf Abschreibungen auf die Agrarsparte zurück. Vor einem Jahr hatten dort unter anderem Wertminderungen wegen schlechter Aussichten und wegen gestiegener Zinsen, die auf die Bewertung drückten, zu dem Minus geführt.

Angesichts der aktuellen Geschäftsentwicklung und der Aussagen zu 2025 dürften die Gewinnerwartungen des Marktes nun sinken, schrieb Analyst Richard Vosser von der Bank JPMorgan in einer ersten Reaktion. Anlegern an der Börse stiessen die Resultate und die tristen Agrarperspektiven für 2025 denn auch sauer auf. Der ohnehin schon arg gebeutelte Aktienkurs brach um mehr als zwölf Prozent auf 21,40 Euro ein, was den letzten Platz im Dax bedeutete.

Allein 2024 ist der Börsenwert von Bayer damit um schon mehr als 36 Prozent auf noch etwa 21 Milliarden Euro gefallen. Vor einem ersten negativen Glyphosat-Urteil Sommer 2018 - kurz nach Abschluss der Monsanto-Übernahme, die Andersons Vorgänger Werner Baumann gegen den Widerstand vieler Investoren durchgeboxt hatte - waren es noch fast 92 Milliarden.

Anderson, der seit April 2023 Vorstandsmitglied ist und das Bayer-Ruder im Juni 2023 übernommen hat, versucht auch mit einer Neuorganisation des Unternehmens und neuen Ansätzen im Umgang mit den US-Rechtsstreitigkeiten das Ruder herumzureissen.

So zielt Bayer seit einer Weile durch Lobby-Arbeit in den USA auf Gesetzesänderungen ab. Zudem hofft die Unternehmensführung seit einiger Zeit auf eine Grundsatzentscheidung des obersten US-Gerichts, des US Supreme Court, zu Gunsten des Konzerns. Hintergrund sind unterschiedliche Urteile untergeordneter Gericht zur Frage, ob Bundesrecht zu Warnhinweisen beim Verkauf von Unkrautvernichtern über dem Recht von Bundesstaaten steht.

Zunächst ist aber ungewiss, ob sich der Supreme Court der Sache annimmt. Und selbst dann, hofft Bayer auf eine Entscheidung erst für 2025 bis 2026.

Mit dem laufenden Umbau der Konzernorganisation sollen weiterhin ab 2026 zwei Milliarden Euro jährlich eingespart werden. Inzwischen sei die Umsetzung des neuen Organisationsmodells weit fortgeschritten, sagte Anderson am Dienstag auf einer Pressekonferenz.

In dem Modell bekommen Mitarbeiter etwa in Forschung, Produktion und Vertrieb mehr Eigenverantwortung und Handlungsfreiheiten, weniger Manager sind notwendig. «Im Vergleich zum Jahresanfang gibt es 5.500 weniger Stellen im Unternehmen, und die allermeisten sind Management-Positionen», so Anderson weiter. Insgesamt beschäftigte Bayer per Ende September auf Vollzeitstellen umgerechnet noch gut 94.200 Menschen.

Derweil wird Wolfgang Nickl das Finanzressort des Konzerns länger führen als geplant. Der Aufsichtsrat habe seinen Vertrag bis zum 31. Mai 2026 verlängert, teilte Bayer ebenfalls am Dienstag mit. Eigentlich wollte der 55-jährige Manager, der seit Juni 2018 Finanzchef ist, bereits 2025 nach der Hauptversammlung in den Ruhestand treten./mis/mne/zb/stk/he

(AWP)