Die Vorschläge seien überraschend, sie zeigten aber, dass inzwischen auch die konservativen Politiker «ein »Weiter so« in der Tourismuspolitik nicht mehr wollen», analysierte die MZ. Es wird vermutet, dass Martínez sich Venedig «als Vorbild» nimmt. Die italienische Lagunenstadt hat etwa zwischen 25. April und 5. Mai ein «Eintrittsgeld» für Tagesbesucher kassiert. In einer zehntägigen Testphase wurde eine knappe Million Euro eingenommen. Palmas Bürgermeister nannte keine Vorbilder, betonte aber, seine Vorschläge seien «unverzichtbare und dringende Massnahmen, um das Zusammenleben zu verbessern.»

Die meisten seiner Vorschläge kann Martínez, der auch für den vor allem von deutschen Touristen besuchten Ballermann verantwortlich ist, allerdings nicht im Alleingang durchsetzen. Er benötigt dafür die Zustimmung anderer Behörden, sei es des Inselrates, der Regierung der Balearen oder sogar der spanischen Zentralregierung in Madrid.

Der konservative Politiker wollte seine Vorschläge zunächst am Donnerstagabend bei einem Treffen der Regierung der Balearen mit Politikern und Vertretern von verschiedenen Interessenverbänden zur Debatte bringen. Sofort umsetzen könnte er aber zum Beispiel seine Absicht, neue Gästebetten in der privaten Ferienvermietung zu verbieten oder höhere Strafen für Lokale zu verhängen, die eine übermässige Verschmutzung verursachen.

Für die meisten seiner anderen Ideen und Forderungen benötigt er aber Unterstützung. Dazu gehören etwa Einschränkungen bis hin zu Verboten von Partybooten und grösseren Kreuzfahrtschiffen, doppelte Gebühren für Kreuzfahrturlauber, die Begrenzung der Anzahl an Urlaubern, die in einer Gruppe durch die Stadt geführt werden dürfen, eine Beschränkung der Zufahrt von Mietwagen in die Innenstadt, ein absolutes Alkoholverbot auf den Strassen der gesamten Gemeinde einschliesslich der deutschen Urlauberhochburg Playa de Palma, sowie eine verstärkte Präsenz der Orts- und Nationalpolizei.

Am Samstag hatten in Palma Tausende unter dem Motto «Sagen wir basta!» und «Mallorca steht nicht zum Verkauf!» gegen Massentourismus protestiert. Die immer grösser werdende Zahl der Besucher und der Ferienwohnungen sei für Wohnungsnot, für die «Zerstörung» der Insel, für die Zunahme von Staus, Verschmutzung und Kriminalität verantwortlich, hiess es auf der Kundgebung.

Die Demonstration stand unter dem Eindruck des Restaurant-Einsturzes am vergangenen Donnerstag am Ballermann. Bei dem Unglück starben vier Menschen, darunter zwei junge Frauen aus Deutschland. Bürgermeister Martínez hatte am Dienstag mitgeteilt, die Besitzer des Lokals hätten keine Betriebslizenz für die Balkonterrasse gehabt, deren Zusammenbruch den bisherigen Erkenntnissen zufolge das Unglück auslöste./er/DP/he

(AWP)