Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte zuvor in einer Video-Ansprache zum jüdischen Pessach-Fest, das am Montagabend beginnt, «weitere schmerzhafte Schläge» gegen die Hamas angekündigt. «Und dies wird in Kürze geschehen». Israels Verbündete hatten eindringlich vor einer Offensive in Rafah gewarnt, weil sich dort Hunderttausende palästinensischer Binnenflüchtlinge drängen. Israel hält einen Einsatz jedoch für nötig, um die verbliebenen Bataillone der Hamas zu zerstören. Anderenfalls könne sie wiedererstarken.

Biden: Pessach-Fest ist besonders hart für Familien der Geiseln

US-Präsident Joe Biden bekräftigte anlässlich des Pessach-Fests seinen Einsatz für Israels Sicherheit. «Mein Engagement für die Sicherheit des jüdischen Volkes, die Sicherheit Israels und dessen Recht, als unabhängiger jüdischer Staat zu existieren, ist eisern», hiess es in einer Mitteilung Bidens am Sonntagabend (Ortszeit). Das Fest erinnert an den Auszug der Israeliten aus Ägypten und die Befreiung aus der Sklaverei. «Dieses Pessach-Fest ist besonders hart für Familien der Geiseln, die versuchen, den Geist des Festes zu ehren - eine Geschichte, in deren Mittelpunkt die Freiheit steht - während ihre Angehörigen in Gefangenschaft bleiben». Israels Regierung forderte derweil die USA auf, eine offenbar geplante Sanktionierung eines der Bataillone der israelischen Armee zu überdenken.

Dies würde nicht nur Israels internationaler Legitimität beim Kampf gegen die Hamas schaden, sondern es gebe dafür für die USA auch keine Rechtfertigung, sagte Benny Gantz, Mitglied des Kriegskabinetts, US-Aussenminister Antony Blinken am Sonntag, wie die «Times of Israel» unter Berufung auf das Büro von Gantz berichtete. Das US-Nachrichtenportal «Axios» hatte am Samstag unter Berufung auf drei mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet, es werde erwartet, dass Blinken in den nächsten Tagen Sanktionen gegen das weitgehend ultraorthodoxe Bataillon wegen Menschenrechtsverletzungen im Westjordanland ankündige. «Die Times of Israel» berichtete unter Berufung auf zwei US-Quellen weiter, die USA würden auch Sanktionen gegen andere Militär- und Polizeieinheiten wegen Verdachts von Menschenrechtsverletzungen erwägen. Die Untersuchungen liefen seit über einem Jahr.

Israel kritisiert angeblich geplante US-Sanktionen gegen Armee-Einheit

Auch der israelische Verteidigungsminister Joav Galant kritisierte die offenbar geplanten Massnahmen: «Ich erwarte, dass die amerikanische Regierung ihre Absicht, Sanktionen gegen das Netzah Yehuda Bataillon zu verhängen, rückgängig macht», sagte Galant in einer vom Verteidigungsministerium veröffentlichten Stellungnahme und warnte, dass der geplante Schritt einen «gefährlichen» Präzedenzfall schaffen würde. Jeder Versuch, eine ganze Einheit zu kritisieren, werfe einen schweren Schatten auf das Handeln der gesamten Armee, sagte Galant laut seines Büros. Dies sei «nicht der richtige Weg für Partner und Freunde». Die Armee hatte zuvor erklärt, Berichte über US-Sanktionen gegen das Bataillon seien ihr nicht bekannt. Sollte eine Entscheidung dazu fallen, würden die Konsequenzen geprüft.

Die Bundesregierung hat seit Jahresbeginn kaum noch Kriegswaffenexporte nach Israel genehmigt. Bis zum 10. April wurden Lieferungen für 32 449 Euro erlaubt, wie das Wirtschaftsministerium auf Anfrage der Abgeordneten Sevim Dagdelen vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mitteilte. Hinzu kommen Lieferungen sonstiger Rüstungsgüter im Wert von 10,03 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung grünes Licht für Rüstungsexporte im Wert von 326,5 Millionen Euro an Israel gegeben - zehnmal so viel wie im Vorjahr. Der grösste Teil davon wurde nach dem Massaker genehmigt, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten. Dabei töteten sie mehr als 1200 Menschen und verschleppten rund 250 weitere nach Gaza.

Es war der Auslöser des Krieges. Israel reagierte auf den Terrorüberfall mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und der katastrophalen Lage in Gaza geriet Israel international jedoch stark in die Kritik. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind bisher mehr als 34 000 Menschen in Gaza getötet und fast 77 000 weitere verletzt worden. Die Zahlen, die nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden, lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Weiter Spannungen an Israels Grenze zum Libanon

Unterdessen ist auch die Lage an Israels nördlicher Grenze zum Libanon weiter angespannt. Wie Israels Armee in der Nacht zum Montag mitteilte, sei eine Drohne der eigenen Luftwaffe im libanesischen Luftraum am Vorabend von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden und auf libanesisches Gebiet gestürzt. Kampfflugzeuge hätten die Abschussbasis, von der aus die Rakete abgefeuert worden sei, angegriffen, hiess es. Der Vorfall werde untersucht. An der Grenze war es am Sonntag erneut zu Gefechten gekommen. Die israelische Armee teilte mit, zwei Geschosse seien in Richtung der Ortschaft Rosch Hanikra im Norden Israels abgefeuert worden. Die israelische Armee habe die Orte angegriffen, von denen aus geschossen wurde.

Die Hisbollah und die Hamas reklamierten am Sonntag Angriffe auf Israel für sich. Seit dem 8. Oktober schiesst die proiranische Hisbollah aus dem Libanon mit Raketen, Artillerie- und Panzerabwehrgranaten auf den Norden Israels - aus «Solidarität» mit der Hamas in Gaza, wie sie vorgibt. Israel bekämpft mit Luft- und Artillerieangriffen die Stellungen der Hisbollah, die nach einem UN-Sicherheitsratsbeschluss gar nicht so nahe an der Grenze sein dürften.

Was am Montag wichtig wird

Die Aussen- und Verteidigungsminister der EU-Staaten kommen in Luxemburg zusammen. Neben einem Austausch mit ihren Kollegen aus der Ukraine über deren Abwehrkampf gegen Russland stehen auch Gespräche über die Lage im Nahen Osten auf der Tagesordnung. In New York legt am selben Tag eine von den Vereinten Nationen eingesetzte Expertengruppe einen Abschlussbericht zu den Vorwürfen gegen das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA vor. Laut Israel sollen mehrere Mitarbeiter am Hamas-Massaker in Israel beteiligt gewesen sein./ln/DP/zb

(AWP)