Hoffnung auf zweiten Grenzübergang
Damit werde Israel in den kommenden Tagen beginnen, meldete die «Times of Israel» unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsvertreter. Dies solle die Einfuhr einer grösseren Anzahl an Lastwagen erleichtern, hiess es unter Berufung auf die zuständige israelische Cogat-Behörde. Kerem Schalom liegt viel näher an Rafah als der kleinere Übergang Nitzana, wo Israel bislang den Inhalt der Hilfstransporte inspiziert, bevor sie nach Rafah geschickt werden. Seit Kriegsbeginn gehen die Lieferungen ausschliesslich über Rafah.
Wie der Palästinensische Rote Halbmond auf X mitteilte, fuhren am Donnerstag 69 Lastwagen mit Hilfsgütern über Rafah in den Gazastreifen. Die Laster seien mit lebenswichtigen Vorräten beladen gewesen. Vor dem Krieg fuhren 500 Lkw pro Tag in das Gebiet. Hilfsorganisationen beklagen, dass der Transport von Lastwagen mit Hilfsgütern nach Nitzana und zurück zu weiteren Verzögerungen bei der Versorgung der Zivilisten geführt habe, was Israel aber bestreitet.
Israel fürchtet, dass in den Lkw auch Waffen nach Gaza geschafft werden könnten und inspiziert sie deshalb. Geht es nach den USA, soll Israel den Übergang Kerem Schalom auch wieder ganz für die Ein- und Ausfuhr von Hilfstransporten öffnen, wie die «Times of Israel» weiter berichtete. Der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sieht dafür Chancen, wie er am Donnerstag in Genf sagte. Noch warte das UN-Nothilfebüro (OCHA) auf grünes Licht, aber es plane nun Konvois aus Jordanien mit Hilfsgütern, die über Kerem Schalom fahren sollen.
Kerem Schalom war der Grenzübergang, über den vor dem Terrorangriff der islamistischen Hamas und anderer Gruppen auf Israel am 7. Oktober die meisten Hilfsgüter nach Gaza gelangten. Die Nutzung von Kerem Schalom mache die Versorgung der Menschen in Not etwas einfacher, so Griffith. Aber nur ein Ende der israelischen Angriffe und eine Waffenruhe könnten die nötige Hilfe für die Menschen gewährleisten.
USA richten erneut Mahnung an Israel
US-Aussenminister Antony Blinken rief Israel erneut auf, mehr für den Schutz von Zivilisten in dem Küstenstreifen zu tun. Israels Führung habe zwar wichtige zusätzliche Schritte in diese Richtung unternommen, so Blinken am Donnerstag (Ortszeit). Es gebe aber nach wie vor eine Lücke zwischen dem, was er bei seinem jüngsten Besuch in Tel Aviv angeregt habe und was an Ergebnissen zu beobachten sei.
Es gehe zum Beispiel nicht nur darum, Sicherheitszonen einzurichten, sondern sie auch so zu kommunizieren, dass die Menschen tatsächlich wüssten, wohin, wann und auf welchem Weg sie flüchten könnten. Zudem müsse es in solchen Sicherheitszonen Essen, Wasser und Medikamente für die geflüchteten Menschen geben. Im Gazastreifen herrschten «unvorstellbare Verluste, Zerstörung und Elend», schrieb auf X Cindy McCain, Leiterin des Welternährungsprogramms. Jeder leide Hunger.
Israel: Hamas feuert aus Sicherheitszonen
Israels Militär erklärte unterdessen, dass die Hamas aus solchen «humanitären Sicherheitszonen» heraus Raketen auf Israel abgeschossen habe. Israelische Medien veröffentlichten am Donnerstag derweil Bilder von Dutzenden im Gazastreifen festgenommenen Palästinensern in Unterhosen. Die Identität der Männer war zunächst unklar. Der israelische Militärsprecher Daniel Hagari sagte, die Viertel Dschabalia und Schedschaija im Norden des Küstenstreifens seien «Hochburgen von Terroristen und wir kämpfen gegen sie».
Wer in diesen Gebieten verblieben sei, aus Tunnelschächten oder aus Gebäuden komme, werde untersucht, um zu klären, «wer Verbindungen zur Hamas hat und wer nicht». Man nehme alle fest und verhöre sie, erklärte Hagari. Derweil gehen auch in der südlichen Stadt Chan Junis, die als Hochburg der Hamas gilt, die Häuserkämpfe weiter.
Die Zahl der in dem von Israel abgeriegelten Küstengebiet getöteten Palästinenser ist seit Kriegsbeginn laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde inzwischen auf 17 177 gestiegen. Die Zahl lässt sich gegenwärtig nicht prüfen, die UN und andere Beobachter weisen aber darauf hin, dass sich die Zahlen der Behörde in der Vergangenheit als insgesamt glaubwürdig herausgestellt hätten.
USA verhängen Sanktionen wegen Huthi-Angriffen
Derweil hat die US-Regierung als Reaktion auf Angriffe gegen Handelsschiffe im Roten Meer durch die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen Sanktionen verhängt. Diese richteten sich gegen 13 Personen und Einrichtungen, denen die USA vorwerfen, die Huthis mit Geld aus dem Verkauf und Versand iranischer Waren zu versorgen, teilte das US-Aussenministerium am Donnerstag (Ortszeit) mit.
Was am Freitag wichtig wird
Nach dem Drängen von UN-Generalsekretär António Guterres will sich der Weltsicherheitsrat erneut mit der Situation im Gazastreifen befassen. Die Sitzung sei für 16.00 Uhr MEZ angesetzt. Die Vereinigten Arabischen Emirate legten einen neuen Resolutionsentwurf mit der Forderung nach einem Waffenstillstand vor. Ähnliche Vorstösse waren jedoch bislang am Widerstand der USA gescheitert./ln/DP/zb
(AWP)