Damit bezieht er sich auf das international vereinbarte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Es sieht derzeit nicht gut aus für dieses Ziel: Dieses Jahr wird aller Voraussicht nach erstmals die Grenze reissen. Das Ziel gilt allerdings erst im mehrjährigen Schnitt als verfehlt.
Guterres bezeichnet 2024 als «Lehrstück für Klimazerstörung»: Familien seien vor dem nächsten Hurrikan um ihr Leben gerannt, Arbeiter in unerträglicher Hitze zusammengebrochen und Kinder wegen Ernteausfällen hungrig ins Bett gegangen. «All diese Katastrophen sind durch den menschengemachten Klimawandel noch verstärkt.»
«Dies ist vermeidbare Ungerechtigkeit», betonte Guterres. «Die Reichen verursachen das Problem, die Ärmsten zahlen den höchsten Preis.» Der UN-Chef rief die Staaten der Welt dazu auf, ihre Versprechen einzulösen und aus den klimaschädlichen fossilen Energien auszusteigen.
Zahlungen für Entwicklungsländer
Ausserdem müssten sie Geld in die Hand nehmen, um entstandene Schäden und Verluste abzufedern, aber auch langfristig die Finanzierung von Klimaschutz und Anpassung in ärmeren Ländern zu unterstützen. Darüber wird in Baku auf der zweiwöchigen Konferenz verhandelt. «Entwicklungsländer dürfen Baku nicht mit leeren Händen verlassen. Ein Deal ist ein Muss - und ich bin zuversichtlich, dass wir einen bekommen», sagte Guterres.
In der Verantwortung sieht er vor allem die industriestarken G20-Staaten, die sich nächste Woche in Brasilien treffen. «Klimagelder sind keine Almosen, sie sind ein Investment. Klimaschutz ist keine Option, es ist eine Pflicht», betonte Guterres. «Die Uhr tickt.»
Aliyev mit Rundumschlag
Der aserbaidschanische Staatschef Ilham Aliyev hat derweil in seiner Rede zu einem Rundumschlag gegen westliche Medien und Umweltorganisationen ausgeholt und ihnen eine gezielte Verleumdungskampagne gegen sein Land vorgeworfen. Aserbaidschan einen «Petro-Staat» zu nennen, zeuge von mangelndem politischem Wissen und politischer Kultur, sagte der 62-Jährige, der das Land seit fast 20 Jahren mit eisenharter Hand regiert.
Zugleich wiederholte der Aliyev sein umstrittenes Zitat, dass die Öl- und Gasvorkommen in Aserbaidschan ein «Geschenk Gottes» sind. «Keinem Land sollte vorgehalten werden, sie zu haben und sie auf den Markt zu bringen. Denn der Markt braucht sie, die Menschen brauchen sie.» Öl und Gas seien natürliche Ressourcen, so wie Gold, Kupfer, Wind oder die Sonne.
Aliyevs Aussagen passen schlecht zum Beschluss der letztjährigen UN-Klimakonferenz in Dubai: Dort hatten sich alle Staaten erstmals auf eine Abkehr von den klimaschädlichen fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Gas verpflichtet. Schon vor Konferenzbeginn hatten Umweltschützer bezweifelt, dass die Ex-Sowjetrepublik die Klimakonferenz glaubwürdig und neutral leiten kann. Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) besagen, dass Öl und Gas rund 90 Prozent der Exporte von Aserbaidschan ausmachen.
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(AWP)