Deutlich stimmen die Delegierten der Resolution zu, in welcher die rund zehn Forderungen enthalten sind. Der Gewerkschaftsbund positioniert sich so für die innenpolitischen Diskussionen, die auf die im Dezember abgeschlossenen Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz folgen.

Beim Abkommen zum Lohnschutz fordert der Gewerkschaftsbund (SGB) etwa, dass ausländische Erstunternehmen Bussen für Subunternehmen zahlen sollen, wenn sie nicht vorher überprüft haben, dass die Subunternehmen Schweizer Löhne zahlen. Der SGB will auch Nachverhandlungen mit der EU zu Spesenregelungen.

Die Gewerkschaft unterstütze die Öffnung der Schweiz gegenüber der EU, steht in der Resolution des SGB. Die verfügbaren Informationen zeigten aber leider, dass durch die bilateralen Abkommen Lohnschutz und Service public in der Schweiz gefährdet würden.

Seine definitive Position zum Abkommen will der SGB nach den innenpolitischen Verhandlungen und nach den parlamentarischen Debatten der Abkommen an einer weiteren SGB-Delegiertenversammlung festlegen.

Der SGB bezeichnet sich selbst als grösste Arbeitnehmerorganisation der Schweiz. In ihm sind 20 Einzelgewerkschaften zusammengeschlossen, die insgesamt rund 370'000 Mitglieder vertreten. Schon Ende Dezember kritisierten der SGB und auch die Organisation Travailsuisse insbesondere das Lohnschutz-Abkommen mit der EU.

«Hochproblematische» Spesenregelung

Mehrfach erwähnt wurde an der Versammlung in Bern die Spesenregelung, die künftig für ausländische Arbeitnehmende in der Schweiz gelten soll. Der SGB findet es laut Resolution «hochproblematisch», wenn demnächst ausländische Firmen ihren in der Schweiz tätigen Angestellten Spesen zu im Ausland geltenden Ansätzen sollen bezahlen dürfen.

Schweizer Ansätze sollen gelten. Sonst komme es zu Zuständen wie früher, als ausländische Arbeitnehmende in Lieferwagen oder auf Baustellen übernachtet hätten statt in Hotels.

Zu den weiteren Forderungen in Sachen Lohnschutz gehört, dass vor dem Einsatz von ausländischen Firmen in der Schweiz digital vorhandene Informationen aus den Lohnkontrollen von den Auftraggebern genutzt werden können. Dies, damit nur diejenigen Firmen Aufträge erhielten, die korrekte Löhne zahlten.

Der SGB will auch die Bearbeitungszeiten der Kantone für die Arbeitsmarktkontrollen «spürbar» verkürzen. Wegen der geplanten Verkürzung der Voranmeldungsfrist für ausländische Firmen, die in der Schweiz Dienstleistungen erbringen wollen, würden die Kontrollen nämlich noch schwieriger. Von acht auf vier Tage soll diese Frist gemäss den Verhandlungen sinken.

Beim Strom unterstützt der SGB den Vorschlag des Bundesrats, das Stromdossier einem separaten Beschluss zu unterstellen. Er lehnt aber die mit dem Abkommen geplante Liberalisierung des Strommarktes ab. «Der integrale Service public im Strombereich würde damit empfindlich geschwächt», heisst es in der Resolution.

Für Bundesrat ist Lohnschutz gewährleistet

Bei der Präsentation der Verhandlungsergebnisse zeigte sich der Bundesrat Ende Dezember überzeugt, beim Lohnschutz eine gute Lösung gefunden zu haben. Er schrieb damals, die Schweiz könne die Lohn- und Arbeitsbedingungen für entsandte Arbeitnehmende «unter dauerhaftem Erhalt des derzeitigen Schutzniveaus gewährleisten».

Wenn ein Entsendebetrieb bei früheren Einsätzen in der Schweiz finanzielle Verpflichtungen verletzt habe, könne künftig von ihm eine Kaution verlangt werden.

Schliesslich sichere eine sogenannte Non-Regression-Klausel das Schweizer Lohnschutzniveau gegen allfällige Rückschritte ab: Künftige Anpassungen oder neue Entwicklungen des EU-Entsenderechts, die das Schweizer Schutzniveau verschlechtern würden, müsse die Schweiz nicht übernehmen.

Bei der nationalen Umsetzung der Spesenregelung werde die Schweiz den im Rahmen der EU-Entsenderichtlinie zur Verfügung stehenden Spielraum «maximal nutzen, um das Risiko der Wettbewerbsverzerrung so gering wie möglich zu halten», so der Bundesrat in einem Faktenblatt vom Dezember 2024.

(AWP)