«Ich wurde als Feind behandelt wie ein räudiger Hund», sagte Antonio Scurati - Autor eines mehrbändigen Werks über den faschistischen Diktator Mussolini. Ihm sei verwehrt worden, zum italienischen Nationalfeiertag im staatlichen Rundfunk zu sprechen. Er sei «persönlich angegriffen, diffamiert und zensiert» worden. «Das passiert Menschen, die kritisch sind gegen die Macht.»

«Die freie Meinungsäusserung wird bestraft in unserem Land», sagte Paolo Giordano («Die Einsamkeit der Primzahlen»). «Das ist wirklich wahr, das ist nicht nur ein Eindruck.» Pavillon sieht aus wie Beerdigungsinstitut

Der offizielle Auftritt Italiens als Ehrengast auf der Buchmesse kam bei den dreien gar nicht gut an. Die Einladung, die italienische Kultur in Frankfurt zu präsentieren, «könnte eine grossartige Gelegenheit sein, aber das ist es nicht», sagte Melandri. Giordano sagte, es sei «vieles falsch gemacht worden». Scurati nannte den Ehrengastland-Pavillon «hässlich, richtig hässlich. Das erinnert ja an ein Beerdigungsinstitut.»

Vor der Eröffnung war es zwischen italienischen Autoren und Vertretern der rechten Regierung zum offenen Streit gekommen, wer Teil der offiziellen Delegation sein darf. Der Regierung wurde vorgeworfen, regierungskritische Stimmen von der Buchmesse auszuschliessen. Reise nach Frankfurt als Form des Widerstands

Im Mittelpunkt der Kontroverse stand Roberto Saviano («Falcone»), der als einer der vehementesten Kritiker von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gilt. In einem offenen Brief protestierten mehr als 40 Schriftsteller gegen offizielle Programmgestaltung, mehrere Autoren zogen sich aus Protest aus der offiziellen Delegation zurück.

Saviano kommt nun doch zur Messe - aber nur auf Einladung seines Verlags (Hanser). Am Samstag will er über «Schreiben in illiberalen Zeiten» sprechen. In der Zeitung «La Repubblica» (Dienstagausgabe) schrieb er: «Meine Anwesenheit in Frankfurt halte ich nicht für einen Sieg, sondern für eine Form des Widerstands.» Minister kapert Gemeinschaftsstand

In Deutschland müsse man sich gefragt haben: «Warum diese Lügen, dieser zwanghafte Wunsch nach Zensur?», heisst es in dem Artikel weiter. «Aber ich betrachte mich nicht als Gewinner. Niemand hat bei dieser Geschichte gewonnen. Wie kann man sich denn als Sieger fühlen, wenn man von drei Ministern vor Gericht gestellt wird?» Er werde benutzt, «um allen anderen eine Botschaft zu vermitteln. Das sind Formen der Einschüchterung.»

Auf der Messe sind noch weitere Veranstaltungen geplant, die als Gegenprogramm zum offiziellen Auftritt Italiens auf der Buchmesse zu verstehen sind. Ein Ort dafür: der Gemeinschaftsstand der italienischen Verlage in Halle 5. Bei dessen Eröffnung am Mittwoch hielt dann aber Italiens Kulturminister Alessandro Giuli eine Rede./DP/jha/

(AWP)