Die SBB entschieden sich, die betroffene Fahrbahn über sieben Kilometer komplett zu erneuern. Die Fahrbahn nur an den zahlreichen beschädigten Stellen zu reparieren, käme einem Flickwerk gleich, teilte das Bahnunternehmen am Donnerstag mit.
Die Sanierung der gesamten Fahrbahn sei die einzige Variante, die langfristig die Sicherheit im Tunnel garantiere, sagte SBB-Chef Vincent Ducrot vor den Medien in Bern. Sie beanspruche viel Zeit. Schliesslich baue man nicht schnell mal sieben Kilometer in einem Tunnel.
Schaden ist versichert
Dies hat zur Folge, dass die Reparaturarbeiten weit länger dauern als ursprünglich angenommen. Die Verantwortlichen der SBB gehen davon aus, dass beide Röhren des Basistunnels wohl erst im Verlaufe des Septembers 2024 wieder vollständig befahrbar sind.
Peter Kummer, Leiter Infrastruktur bei den SBB, sagte, es bestünden Chancen, dass die Arbeiten früher fertig werden. «Wir sehen aber auch Risiken, dass sie länger dauern könnten», sagte er.
Die Schadenssumme beträgt nach aktuellem Kenntnisstand rund 100 bis 130 Millionen Franken. Das Bahnunternehmen verfüge über eine Versicherung für solche Ereignisse, hielten die SBB fest. Zur Haftungsfrage sagte Ducrot: «Grundsätzlich haftet, wer den Lokführer stellt.» Doch vorerst müsse die Untersuchung der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) abgewartet werden.
Schwierige Verhältnisse
Unter logistisch und klimatisch «sehr anspruchsvollen Verhältnissen», bei Temperaturen über 40 Grad, würden derzeit pro Woche rund 300 Meter der insgesamt auf sieben Kilometern beschädigten Fahrbahn erneuert, sagte Peter Kummer, Leiter Infrastruktur bei den SBB. «Es ist sehr staubig und dreckig», sagte er. Die Arbeiter müssten alle 40 Minuten eine Pause in einem kühlen Raum einlegen.
Auf der ganzen Strecke werden die Schienen ersetzt sowie mehr als 20'000 Schwellenblöcke und die Betonschicht, in die sie eingegossen sind. Als Folge der gravierenden Entgleisung werde der betroffene Radtyp häufiger kontrolliert, sagte Ducrot.
Keine Preissenkung
Die Trassen durch den Gotthard-Basistunnel während der Reparaturarbeiten seien «nach sorgfältiger Abwägung aller Bedürfnisse» verteilt worden, halten die SBB fest. Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember bis vorerst an Ostern 2024 sollen die Kapazitäten für den Güterverkehr unter der Woche und für den Personenverkehr am Wochenende erhöht werden.
Diese Pläne begrüsste die Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des öffentlichen Verkehrs Pro Bahn. Die SBB müssten nun im Gotthard-Basistunnel die noch vorhandenen Trassen möglichst den sehr gut besetzten Zügen von und nach Italien zur Verfügung stellen, sagte ein Vorstandsmitglied auf Anfrage.
Am Donnerstag kamen auch wieder Forderungen nach Rabatten oder Sonderlösungen für Bahnreisende von und ins Tessin, etwa von der Tessiner Regierung und von Pro Bahn. Die Preise wegen der Einschränkungen temporär anpassen wollen die SBB-Verantwortlichen aber nicht.
Alliance Swiss Pass, die Dachorganisation von 250 Transportunternehmen und 18 Tarifverbünden der Schweiz, verwies dazu auf Anfrage auf Massnahmen, welche die SBB schon im August bekanntgegeben hatten: Das Generalabonnement (GA) Night für unter 25-Jährige mit Wohnort Tessin ist seit 10. September jeweils am Sonntag bereits ab 18 statt 19 Uhr zur Fahrt in die Deutsch- und Westschweiz gültig.
Auch gibt es bis Ende November einen Rabatt für den Gepäck- und Velotransport ins Tessin und zurück. Weitere Massnahmen seien nicht geplant.
Entgleisung am 10. August
Zur Entgleisung des Güterzuges war es am 10. August in der Weströhre des Tunnels gekommen. Und zwar, weil an einem Wagen ein Rad gebrochen war. Der Lokführer blieb unverletzt.
Bereits seit dem 23. August verkehrt der Güterverkehr wieder durch die unbeschädigte Oströhre. Der Personenverkehr zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin wird seit dem Unfall grossmehrheitlich über die Panoramastrecke umgeleitet.
(AWP)