Die Credit Suisse soll mit Grossinvestoren Gespräche über eine milliardenschwere Kapitalerhöhung führen. Das gab die Nachrichtenagentur Reuters am späten Donnerstagnachmittag unter Berufung auf mit der Situation vertraute Personen bekannt. Ein solcher Schritt würde den schon länger angeschlagenen Gewinn der Bank pro Aktie nochmals deutlich schmälern, hingegen die Bilanz der Credit Suisse stärken, die in den letzten Jahren von einem Skandal zum anderen schlingerte und immer mehr an personeller Auszehrung und an Imageverlust leidet.
Am Aktienmarkt überwog die Furcht, unmittelbar nach der Reuters-Nachricht im späten Donnerstagshandel sackten die CS-Aktie um über 5% ab. Am Freitag gingen die Titel in den freien Fall über und tauchten bis zum Nachmittag um über 10% auf das Allzeittief von noch CHF 4.15. In zwei Tagen verloren die schon vorher taumelnden Titel damit für eine Schweizer Bank, geschweige denn eine hiesige Grossbank, dramatisch hohe 15% an Wert. Seit Jahresbeginn sind es -54%.
Die Bank vertröstet auf später
Wie Reuters am Donnerstag zu wissen meinte, habe die Bank bereits vor einigen Wochen begonnen, bedeutende Anleger auf eine Kapitalerhöhung einzustimmen und die Bedingungen dafür bei Grossaktionären zu sondieren. Eine CS-Sprecherin verwies danach auf Anfrage der Nachrichtenagentur awp auf die laufende Strategieüberprüfung. Die Bank habe bereits gesagt, dass sie über den Fortschritt dieser Überprüfung zusammen mit den Drittquartalszahlen kommunizieren werde. «Es wäre verfrüht, sich vor diesem Zeitpunkt zu möglichen Ergebnissen zu äussern", zitiert awp die Mediensprecherin.
Die im Juli angekündigte Strategieüberprüfung schürt in den Medien immer neue Spekulationen. Die "Financial Times" mutmasste dieser Tage über eine Dreiteilung des Investment Bankings und einen massiven Personalschnitt. Reuters zog mit der Meldung einer angeblichen Schrumpfung der Investmentbank nach und der Meldung, auch ein weitgehender Ausstieg aus dem US-Markt werde überlegt.
Rückzug aus den USA dementiert
Die Bank selbst hat einen Rückzug aus den USA dementiert: "Die Credit Suisse verlässt den US-Markt nicht. Jede Berichterstattung, die etwas anderes suggeriert, ist kategorisch falsch und völlig unbegründet", verlautete sie am Donnerstagabend in einer in einer gesonderten Stellungnahme.
Vergangene Woche hatte Bloomberg verbreitet, die CS erwäge, den Namen "First Boston" hervorzukramen und für Aktivitäten der US-Investmentbank zu verwenden. Dies könnte, so Bloomberg, auch auf einen Verkauf des US-Geschäfts hindeuten. Auch ein Verkauf des Vermögensverwaltungsgeschäfts in Lateinamerika ohne Brasilien solle zur Diskussion stehen. Für Teile davon interessiere sich Santander aus Spanien und Intesa Sanpaolo aus Italien.
Die Gerüchteküche wird weiter kochen, denn dass bei der angeschlagenen Grossbank fundamentale Veränderungen notwendig sind, ist unbestritten. Nur mit Symptombekämpfung, wie in den letzten Jahren geschehen, kommt die CS nicht wieder auf starke Beine. Die neue Führung mit VR-Präsident Axel P. Lehmann und CEO Ulrich Körner ist gefordert. Inzwischen beträgt die Marktkapitalisierung der zweitgrössten Schweizer Bank noch magere CHF 11 Mrd.
Über die Drittquartalszahlen und auch die laufende Strategieüberprüfung wird die CS am 27. Oktober berichten.