(Durchweg neu: Militär, Anklage Khan, Zahl der Toten, Festnahmen von Demonstranten)

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Armee in Islamabad und Hochburgen von Ex-Regierungschef Khan

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Seine Festnahme löste Unruhen aus - Mindestens fünf Tote

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Khan wegen Korruption angeklagt - Er weist Vorwürfe zurück

Islamabad, 10. Mai (Reuters) - In Pakistan versucht die Regierung, die jüngsten Unruhen mit Hilfe des Militärs unter Kontrolle zu bringen. Für die Hauptstadt Islamabad sowie für zwei von vier Provinzen des Landes kündigte sie den Einsatz der Armee an. Die davon betroffenen Provinzen Punjab und Khyber Pakhtunkhwa sind Hochburgen des populären Oppositionsführers Imran Khan. Die Festnahme des Ex-Ministerpräsidenten und früheren Cricket-Stars hatte am Dienstag gewaltsame Massenproteste ausgelöst, bei denen inzwischen mindestens fünf Menschen getötet wurden. Khans Anhänger stürmten Militär- und Regierungseinrichtungen und setzten mehrere Gebäude in Brand. Die Armee warnte vor neuen Ausschreitungen: Sie habe sich bisher zurückgehalten und würde nun hart durchgreifen.

Am Mittwoch wurde Khan angeklagt, weil er während seiner vierjährigen Amtszeit als Regierungschef Staatsgeschenke illegal verkauft haben soll. Der 70-Jährige weist die Anschuldigungen zurück. Sie stehen nicht im Zusammenhang mit Betrugsvorwürfen, wegen derer er am Dienstag festgenommen worden war. Die Anschuldigungen resultieren aus nur zwei von insgesamt mehr als 100 Ermittlungen, die nach Ende seiner Amtszeit eingeleitet wurden. In den meisten Fällen droht Khan bei einer Verurteilung ein Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden. Im November sind in Pakistan Wahlen geplant.

Zu der Anklage am Mittwoch war zunächst keine Stellungnahme von Khans Mitstreitern seiner Partei PTI zu bekommen. Gegen Khans Festnahme waren seine Anwälte vor das Oberste Gericht des Landes gezogen. Ein Regierungsberater teilte am Mittwoch mit, Khan wurde für acht Tage in Untersuchungshaft der Anti-Korruptionsbehörde überstellt. Der Politiker soll sich in einem Polizei-Gästehaus in der Hautpstadt Islamabad befinden.

Khan hat hochrangige Personen aus den Reihen des Militärs und Regierungschef Shehbaz Sharif beschuldigt, seine Ermordung in Auftrag gegeben zu haben - was diese zurückweisen. Er war 2022 mit einem Misstrauensvotum gestürzt und im November bei einer Kundgebung angeschossen worden.

KHANS ANHÄNGER RIEFEN ZU MARSCH AUF ISLAMABAD AUF

Bei den Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften starben am Mittwoch in der Stadt Peshawar mindestens vier Menschen, wie Krankenhausvertreter mitteilten. Bereits am Dienstag war eine Person bei den Protesten ums Leben gekommen. Die Regierung erklärte, allein am Dienstag hätten Anhänger von Khans Partei PTI 14 Regierungsgebäude und 25 Polizeifahrzeuge in Brand gesetzt. In der ostpakistanischen Stadt Lahore wurde die Residenz eines hochrangigen Militärs geplündert. Militärgebäude wurden gestürmt.

Bevor die Armee zu Hilfe gerufen wurde, hatten Anhänger Khans zu einem Marsch auf Islamabad aufgerufen und die Bevölkerung aufgefordert, das Land mit seinen 220 Millionen Einwohnern lahmzulegen.

Soziale Medien wie Twitter oder Facebook waren am Mittwoch in Pakistan den zweiten Tag in Folge nur eingeschränkt verfügbar. In drei der vier pakistanischen Provinzen wurde ein Versammlungsverbot verhängt. Hunderte Menschen wurden festgenommen.

Khans Verhaftung und die Proteste verschärfen die Lage in Pakistan, das ohnehin schon mit der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten, einer rekordhohen Inflation und schwindenden Devisenreserven zu kämpfen hat. Um ein Rettungspaket des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird seit Monaten gestritten. In dem Land, das an Afghanistan, China, Indien und den Iran grenzt, ist das Militär die mächtigste Institution. Es hat Pakistan lange Zeit regiert. Mehrfach war eine Regierung durch einen Putsch von Generälen gestürzt worden. (Bericht von Gibran Naiyyar Peshimam, Asif Shahzad und Ariba Shahid; geschrieben von Elke Ahlswede, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)