*
Creditreform: Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt 2023
*
Wirtschaftsauskunftei erwartet aber keine Pleitewelle
*
2022 gab es Anstieg von 3,8 Prozent auf 14.660 Insolvenzen
*
Zuwachs von 24 Prozent in Westeuropa, 53 Prozent in Osteuropa
(Mit Details, Zitaten aus Pressekonferenz)
Berlin, 11. Mai (Reuters) - Wegen der anhaltend schwachen Konjunktur rechnet Creditreform in Deutschland verstärkt mit Firmenpleiten. Die Zahl der Insolvenzen dürfte 2023 weiter steigen, teilte die Wirtschaftsauskunftei am Donnerstag mit. "Wie hoch der Zuwachs aber ausfällt - das ist die große Frage", sagte Creditreform-Chefökonom Patrik-Ludwig Hantzsch. Dies lasse sich nicht seriös einschätzen. Nach der staatlichen Subventionierung in der Zeit der Virus-Pandemie entspreche die Entwicklung der Insolvenzen nun einer Normalisierung. "Also keine Welle, kein Tsunami - aber immerhin eine deutliche Steigerung", betonte Hantzsch. In Deutschland gab es demnach 2022 einen Anstieg um 3,8 Prozent auf 14.660 Firmenpleiten.
Energiekrise, Inflation und Konjunkturschwäche führten im vorigen Jahr zu einem deutlichen Anstieg der Insolvenzen in Westeuropa. Es wurden 139.973 Fälle registriert und damit ein Plus von 24,2 Prozent, wie aus einer Creditreform-Analyse hervorgeht. In Osteuropa habe es sogar ein Plus gut 53 Prozent auf 60.010 Pleiten gegeben. Neben Preisanstiegen bei Energie und Rohstoffen hätten die Firmen auch deutlich höhere Finanzierungskosten wegen der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) wegstecken müssen. "Die Trendwende bei den Insolvenzzahlen ist eingeläutet", erklärte Hantzsch. "Der Druck bleibt auf dem Kessel, sodass auch in den kommenden Monaten mit steigenden Zahlen zu rechnen sein wird."
Wegen der anhaltend mauen Konjunktur erwarten viele Fachleute zunehmend mehr Firmenpleiten. "Ist das nun die angekündigte Insolvenzwelle? Da muss man ein Fragezeichen setzen", erläuterte der Creditreform-Chefvolkswirt. Das Ende der Corona-Pandemie sei der Beginn eines kurzen Wirtschaftsaufschwungs in Europa gewesen, bevor er durch den Krieg in der Ukraine wieder abgewürgt worden sei, sagte Hantzsch. Die folgende Energiekrise habe die Wirtschaft quasi unvorbereitet und mit voller Wucht getroffen. "Viele angeschlagene Unternehmen konnten den Mehrfachbelastungen nicht mehr standhalten."
Einen deutlichen Anstieg verzeichnete 2022 europaweit der Handel samt Gastgewerbe mit plus 34,5 Prozent, gefolgt vom Baugewerbe mit 24,7 Prozent. Um knapp 20 Prozent erhöhten sich die Fallzahlen im Dienstleistungssektor und um 13,1 Prozent im Verarbeitenden Gewerbe. Ein Signal für drohende Probleme sei die Zahlungsmoral, also wie schnell Firmen ihre Rechnungen bezahlten, sagte Hantzsch. Hier sehe man vor allem bei der Baubranche in Deutschland, das die Betriebe mit vielen Problemen konfrontiert seien. Wegen anhaltend hoher Baukosten, Materialproblemen und steigender Zinsen schwächelt der Wohnungsbau derzeit massiv. (Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Sabine Ehrhardt - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)