Die Europäische Zentralbank (EZB) wird aus Sicht von Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau die derzeit hohe Inflation im Euro-Raum erfolgreich zurückdrängen. "Wir werden die Inflation zurückbringen in Richtung zwei Prozent bis Ende '24 oder '25", sagte das EZB-Ratsmitglied am Mittwoch in Davos am Rande des Weltwirtschaftsforums dem Sender Bloomberg TV. Aus seiner Sicht sollte Europa in diesem Jahr eine Rezession abwenden können. "Die Wirtschaftsaktivität ist robuster als erwartet", sagte er. Die Inflation werde sehr wahrscheinlich im ersten Halbjahr ihren Höhepunkt erreichen und dann fallen.
"Wir müssen Kurs halten in unserem Kampf gegen die Inflation", sagte Villeroy in einer Diskussionsrunde auf dem Weltwirtschaftsforum. "Er ist noch nicht gewonnen." Die EZB hat die Zinsen seit Juli 2022 bereits viermal angehoben - zuletzt im Dezember um 0,50 Prozentpunkte. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte zudem weitere Zinserhöhungen im Umfang von jeweils 0,50 Prozentpunkten in Aussicht gestellt. Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagenzins, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt damit inzwischen bei 2,0 Prozent. Für die EZB bedeutet das aber noch keine Entwarnung: Im Dezember lag die Teuerung im Währungsraum noch bei 9,2 Prozent - das ist mehr als vier Mal so hoch wie ihr Inflationsziel von zwei Prozent.
Die nächste EZB-Zinssitzung findet am 2. Februar in Frankfurt statt. Zu einem Medienbericht, die EZB werde womöglich ihren Kurs nach dem Februar erneut abschwächen und dann die Zinsen im März nur noch um einen viertel Prozentpunkt anheben, sagte Villeroy zu Bloomberg TV, er sei ziemlich überrascht gewesen. Es sei viel zu früh, um darüber zu spekulieren, was die EZB im März machen werde. "Lassen Sie mich an die Worte von Präsidentin Lagarde auf der letzten Pressekonferenz im Dezember erinnern: Wir sollten erwarten, dass die Zinsen für einige Zeit in einem Tempo von 50 Basispunkten angehoben werden", führte er aus. "Diese Worte sind heute immer noch gültig."
Vergangenes Jahr habe die EZB einen Sprint in Richtung Normalisierung unternommen, sagte Villeroy. Der neutrale Zins bei um die zwei Prozent, der die Wirtschaft weder anschiebt noch bremst, sei sehr schnell erreicht worden. "Dieses Jahr geht es mehr um einen Mittelstreckenlauf.". Die EZB werde auf ihrem Straffungskurs den Zinsgipfel voraussichtlich bis zum Sommer erreichen. "Danach werden wir bei dieser Endrate so lange bleiben wie es notwendig ist, um die Inflation zurückzubringen in Richtung zwei Prozent," führte er aus. Wo genau der Zinsgipfel liegen werde, könne er noch nicht sagen.
(Reuters/cash)