Eine Untersuchung der Lohnentwicklungen seit Beginn der Pandemie zeige, dass der zugrundeliegende Lohnzuwachs bisher "relativ moderat" gewesen sei und derzeit nahe an seinem langfristigen Trend liege, so die Institution am Montag in einem Artikel, der in ihrem Wirtschaftsbulletin veröffentlicht wird.

Mit Blick auf die kommenden Quartale sei jedoch zu erwarten, dass das Lohnwachstum “im Vergleich zu historischen Mustern sehr stark” sein wird, hiess es. “Dies spiegelt robuste Arbeitsmärkte wider, die bisher nicht wesentlich von der Konjunkturabschwächung betroffen waren, sowie Erhöhungen der nationalen Mindestlöhne und einen gewissen Aufholprozess zwischen Löhnen und hohen Inflationsraten.“

Der Preisanstieg lag in den letzten anderthalb Jahren über dem 2 Prozent-Ziel der EZB und stieg Ende 2022 auf über 10 Prozent. Zwar hat die Inflation seither ihren Höchststand wieder unterschritten, aber die Kerninflation erreichte im Dezember ein Rekordhoch.

Während Prognosen zufolge eine Inflation von 2 Prozent bis Ende 2025 nicht zu erreichen sein wird und die Gewerkschaften auf grosszügige Lohnabschlüsse drängen, hat die EZB eine beispiellose Serie von Zinserhöhungen vorgenommen, die den Einlagensatz im letzten Monat auf 2 Prozent ansteigen liess.

Lohn-/Preis-Spirale vermeiden

Präsidentin Christine Lagarde hat eine weitere Anhebung um einen halben Prozentpunkt auf der Februar-Sitzung angekündigt — “und möglicherweise auf der nächsten” — um eine Lohn-Preis-Spirale zu vermeiden. Ein schwächeres Wirtschaftswachstum dürfte in nächster Zeit kaum helfen, zumal der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften die Unternehmen dazu veranlasst, ihre Mitarbeiter zu halten und sie gut zu bezahlen.

Nach den Worten von EZB-Chefvolkswirt Philipp Lane wird es mehrere Jahre dauern, bis sich die Löhne und Gehälter vollständig an die jüngsten Schocks angepasst haben. Die Beobachtung der Löhne und Gehälter sei ein wichtiger Bestandteil des Verständnisses der Inflationsentwicklung. In ihrem Artikel erklärte die EZB, es gebe “Anzeichen für ein stärkeres Lohnwachstum in den Dienstleistungssektoren”, vor allem in den Sektoren, in denen es an Personal fehlt.

(cash/Bloomberg)