In einem Sonderausschuss Landwirtschaft hatten sich die EU-Staaten bereits am Mittwoch für die Änderungen ausgesprochen, diese Entscheidung ist nun auf Ministerebene abgesegnet worden. Damit können die neuen Regeln in Kraft treten. Deutschland hatte sich bei der Abstimmung am Mittwoch enthalten.

Die Massnahmen sind nicht unumstritten. Zwar haben sich Politikerinnen und Politiker parteiübergreifend dafür ausgesprochen, dass Landwirte entlastet werden müssen. Denn viele Höfe in Deutschland kämpfen um ihr Überleben - zwischen den Jahren 2020 und 2023 gaben allein in Deutschland 7800 Landwirte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ihre Betriebe auf. Kritiker befürchten mit Blick auf die konkreten EU-Erleichterungen aber, dass sich diese negativ auf die Umwelt auswirken könnten.

Zumindest Verbraucher werden von den neuen Regeln vermutlich zunächst wenig mitbekommen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) geht nicht davon aus, dass sich die Lebensmittelpreise gross verändern. Diese hingen vor allem von weltweiten Erntemengen ab. Sebastian Lakner, Agrarprofessor der Uni Rostock, sieht das ähnlich. Die Kosten für die Agrarrohstoffe seien oft nur ein kleiner Teil der Lebensmittelkosten. «Das heisst, selbst wenn Weizenpreise steigen würden, wäre dies im Endprodukt kaum merkbar», sagte Lakner.

Weniger Umweltauflagen für Bauern

Im Kern geht es bei den Änderungen etwa um die Lockerung von Umweltstandards, an die sich Bauern eigentlich halten müssen, um von den milliardenschweren EU-Agrarsubventionen zu profitieren. Mehrere dieser Standards können künftig aufgeweicht werden, bei der Umsetzung haben die EU-Staaten aber viel Spielraum. Dabei geht es etwa darum, dass weniger Flächen für die Schonung der Böden brach liegen müssen.

Die EU-Staaten sollen zudem Ausnahmen von Umweltanforderungen erlassen können, wenn «im Falle unvorhergesehener klimatischer Bedingungen» Landwirte die Regeln nicht einhalten können. Zudem ist vorgesehen, kleine Betriebe mit einer Fläche von weniger als zehn Hektar von Kontrollen und Strafen zu befreien. Lakner sieht diese Änderungen als Rückschritt. Brachen seien für die Biodiversität wichtig, Empfehlungen aus der Wissenschaft seien ignoriert worden. Auch der Verzicht auf Kontrollen sei problematisch, dadurch könne man nicht damit rechnen, dass Umweltregeln eingehalten würden. «Mit diesen Änderungen verliert die EU-Kommission jede umweltpolitische Glaubwürdigkeit», sagte Lakner.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) teilte mit, dass Landwirte auch unabhängig von der EU-Agrarpolitik zu einer umweltverträglichen Landwirtschaft stünden. Der Verband dringt darauf, dass Deutschland seine nationalen Regeln ändert, damit sich umweltfreundliche Massnahmen von Landwirten - dazu zählen etwa Blühstreifen für Bienen und andere Tiere - mehr lohnen. Auch die FDP-Agrarpolitikerin Carina Conrad pocht auf bessere Anreize für Landwirte. «Effiziente Umweltpolitik funktioniert nicht durch pauschale Flächenstilllegung», sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende.

Die Bundesregierung hatte den Lockerungen auf EU-Ebene wegen Bedenken mit Blick auf den Umweltschutz nicht zugestimmt. «Nach der regierungsinternen Diskussion, hat sich Deutschland letztlich enthalten, weil die Vorschläge der EU-Kommission eine pauschale Absenkung der Schutzstandards bedeuten», teilte das von den Grünen geführte Bundeslandwirtschaftsministerium mit. Die Umweltorganisation WWF sprach mit Blick auf bestimmte Änderungen von mit Steuergeldern subventioniertem Politikversagen.

Bauernvertreter: Dringend benötigte Erleichterung

«Für die landwirtschaftlichen Betriebe bedeuten die beschlossenen Änderungen in erster Linie eine dringend erforderliche erste Erleichterung», teilte DBV-Präsident Joachim Ruckwied mit. Die Bundesregierung sei nun gefordert, den EU-Vorschlag eins zu eins umzusetzen. Weitere Entlastungen müssten von einer neuen EU-Kommission jedoch konsequent fortgesetzt werden. Im Sommer wird nach der EU-Wahl auch die EU-Kommission neu besetzt. Conrad spricht von einem «direkten ökonomischen Vorteil», den Betriebe hätten, wenn sie künftig weniger Flächen brach liegen lassen müssten.

Lakner rechnet mit geringfügigen Erleichterungen für Betriebe. «An den Hauptursachen von Bürokratie in der Landwirtschaft, nämlich den Melde- und Dokumentationspflichten in der Tierhaltung, ändert sich dagegen nichts», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Umweltprobleme verschwänden durch die Erleichterungen nicht, sodass damit zu rechnen sei, dass ähnliche oder strengere Umweltregeln kurz- oder mittelfristig zurückkommen würden./mjm/DP/jha

(AWP)