Damit nimmt Scholz angesichts von Differenzen der Koalitionspartner das letzte Wort für sich in Anspruch. Es hiess in Berlin auch, dass Scholz so seine Richtlinienkompetenz nutze. Vor zwei Jahren setzte Scholz so einen kurzfristigen Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke um einige Monate durch. Ein Regierungssprecher wollte sich am Donnerstagabend aber nicht zum Abstimmungsverhalten äussern.

Aktuell geht es um europäische Strafzölle auf chinesische Elektroautos. In der Ampel-Koalition drangen die FDP-geführten Ministerien für Finanzen und für Verkehr auf ein deutsches Nein in Brüssel. Auch Scholz äusserte sich kritisch zu möglichen Strafzöllen. Die grünen Ministerien akzeptierten die nun gefallene Entscheidung für ein deutsches Nein, hiess es am Donnerstagabend.

Zwar hiess es aus dem Bundeswirtschaftsministerium, man wolle einen fairen Wettbewerb, aber keinen Handelskrieg mit Zöllen. Europa dürfe gegenüber China aber auch nicht naiv sein. «Deshalb hätten wir einen anderen Weg als »Nein« für besser gehalten.» Dies sei aber keine Glaubensfrage, sondern eine Frage der politischen Taktik. Ziel müsse eine Verhandlungslösung sein, die die eigenen Interessen wahre. Die deutsche Autoindustrie hatte sich für eine Ablehnung starkgemacht und vor einem globalen Handelskonflikt gewarnt.

Die EU-Kommission wirft China vor, die gesamte Wertschöpfungskette für Elektroautos stark zu subventionieren und den Markt so zu verzerren. Deshalb will die Behörde Zusatzzölle einführen, die in manchen Fällen voraussichtlich mehr als 35 Prozent betragen. Bei der Entscheidung darüber haben jedoch die 27 EU-Staaten ein Wort mitzureden. Eine ausreichende Mehrheit der Länder kann die Massnahme verhindern, was sich zuletzt aber nicht abzeichnete. Nach Angaben der EU-Kommission sind chinesische Elektroautos normalerweise rund 20 Prozent günstiger als in der EU hergestellte Modelle./hrz/DP/zb

(AWP)