Hintergrund der Äusserungen schien der jüngste Bericht des Europäischen Parlaments, in dem die Abgeordneten mit Blick auf einen möglichen EU-Beitritt der Türkei erneut ihre Bedenken vorbrachten angesichts rechtsstaatlicher Defizite in dem Land. Der Beitrittsprozess könnte «unter den aktuellen Umständen» nicht wiederaufgenommen werden, hiess es darin.
Die EU hatte 2005 Beitrittsgespräche mit der Türkei begonnen. Diese liegen allerdings seit Jahren auf Eis, weil Brüssel inakzeptable Entwicklungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit sieht. Seit dem Umbau in ein Präsidialsystem 2018 hat Erdogan weitreichende Vollmachten. Parlament und Institutionen sind geschwächt.
Direkt nach seiner Wiederwahl im Mai hatte Erdogan eine Wiederbelebung des EU-Beitrittsprozesses gefordert. Die Türkei benötigt angesichts einer massiven Inflation und dem Wiederaufbau in der Erdbebenregion Investitionen aus dem Westen. Auch der türkische Aussenminister Hakan Fidan hatte sich Anfang September für eine Beschleunigung des Prozesses ausgesprochen.
Den Bericht aus Brüssel wies das türkische Aussenministerium als «haltlos» und «auf Desinformation basierend» zurück.
(AWP)