Deutschland hat sich wegen des Klimawandels bereits um durchschnittlich 1,7 Grad erwärmt und verliert in grossem Umfang Wasser. Mit den immer häufigeren Rekord-Hitzewellen in den vergangenen Jahren habe sich Deutschland damit stärker erwärmt als die übrige Welt mit 1,2 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit, erklärte Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) am Dienstag bei der Vorstellung des Monitoringberichts zur Klimaanpassung. Deutschland verliert dem Bericht zufolge dadurch jährlich 2,5 Kubikkilometer Wasser und damit seit der Jahrtausendwende die Menge des Bodensees. Wälder und Feuchtgebiete litten, die Kosten des Extremwetters summierten sich allein seit 2018 auf 80 Milliarden Euro. Der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), Dirk Messner, verwies darauf, dass 80 Prozent des deutschen Waldes geschädigt sei. «Wir müssen darauf reagieren.» Sonst verliere man grossflächig Wald.

«Die Schmerzgrenze des Planeten ist erreicht», sagte Lemke kurz vor Beginn des jährlichen Weltklimagipfels in Dubai. Dort wird darum gerungen, die weltweite Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit vor gut 150 Jahren zu begrenzen. «Die Klimakrise zwingt uns zum Handeln», betonte die Grünen-Politikern. Das gelte trotz der Debatte über den Bundeshaushalt. Der Klimaschutz und das damit verbundene Artensterben machten deswegen nicht halt. Lemkes «Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz» sollte eigentlich bis 2026 mit vier Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanziert werden, die jetzt infrage stehen. Der Monitoring-Bericht wird alle vier Jahre in Zusammenarbeit mit Umweltbundesamt und Wissenschaftlern erarbeitet. Er soll die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels in Deutschland und mögliche Instrumente zur Anpassung analysieren.

Kosten von bis zu 900 Mrd. Euros bis Mitte des Jahrhunderts

UBA-Präsident Dirk Messner sprach von extremen Kosten, die zumindest teilweise durch eine Strategie zur Klimaanpassung vermieden werden könnten. Ohne dies müssten jährlich Schäden zwischen zehn und 30 Milliarden Euro einkalkuliert werden. Bis zur Mitte des Jahrhundert könnte sich diese also auf bis zu 900 Milliarden Euro summieren.

Ein Teil davon fielen auf Landwirtschaft und Wälder, die unter Dürreperioden litten. Allein im Hitzejahr 2020 seien 20-mal so viele Fichten abgestorben wie in den zehn Jahren zuvor zusammen. Der Hering in den deutschen Küstengewässern drohe asuzusterben. Ohne Böden, Landwirtschaft und Wasser könne man nicht existieren, betonte Messner. «Darüber hinaus sind aber die Ökosysteme zugleich für den Kampf gegen den Klimawandel selbst von herausragender Bedeutung.»

Von der Hitze und der steigenden Zahl an Hitzetoten seien zum Beispiel Grossstädte besonders betroffen. Hier seien die Temperaturen teilweise um zehn Grad höher als im Umland, sagte Messner. Mit guter Städteplanung, dem Verzicht auf Flächenversiegelung könne man dem günstig entgegenwirken. Die sogenannte Schwammstadt mit Wasserspeicher und mehr Grün helfe dabei. Dies kühle, verbessere die Luft, erhöhe die Artenvielfalt und mache die Städte insgesamt lebenswerter. Es sei zudem kostengünstig. «Wir können das alles umsetzen», sagte Messner. 

(Reuters)