Der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) sei in der Angelegenheit zurückhaltender als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der sich klar gegen die Schritte von Unicredit-Chef Andrea Orcel positioniert habe, sagte Lindner-Berater Lars Feld der italienischen Zeitung «Il Sole 24 Ore». Der frühere Chef der Wirtschaftsweisen und heutige Direktor des Walter-Eucken-Instituts fügte an, der Bundesfinanzminister halte sich in dieser Sache «alle Optionen offen» und dränge auch in keine Richtung.
Allerdings seien Liberale bekanntermassen marktorientiert. Und grenzüberschreitende Fusionen gehörten zu einer Kapitalmarktunion: «Ein starker Widerstand gegen solche Fusionen würde die Ernsthaftigkeit der deutschen Unterstützung der Kapitalmarktunion untergraben», sagte Feld.
Lindner hat sich Insidern zufolge allerdings persönlich in den Übernahmestreit eingeschaltet. Der FDP-Politiker hat demnach in Gesprächen mit dem italienischen Finanzministerium jüngst vor einer feindlichen Übernahme der zweitgrössten börsennotierten Bank in Deutschland gewarnt, wie die Nachrichtenagentur Reuters von zwei mit dem Vorgang vertrauten Personen erfuhr. Lindners Sprecher sagte dazu jüngst, der Minister sei in ständigem Kontakt mit seinen europäischen Kollegen, es gebe aber keine einzelnen Gespräche, die man kommentieren wolle.
Unicredit-Chef Orcel hatte die Commerzbank und ihren Grossaktionär, den Bund, mit dem Einstieg bei dem Frankfurter Finanzinstitut überrumpelt. Unicredit hatte bei einer Platzierung 4,5 Prozent der Anteile vom Bund gekauft und sich weitere 4,5 Prozent bereits im Vorfeld gesichert. Mittlerweile hat Unicredit über Finanzderivate nach eigenen Angaben Zugriff auf bis zu 21 Prozent der Anteile an dem Geldhaus. Der Bund hält noch zwölf Prozent an der Commerzbank und hat weitere Verkäufe aus dem in der Finanzkrise erworbenen Paket auf Eis gelegt.
(Reuters)