Mit Blick auf die neuen Handynetz-Ausbauauflagen der Bundesnetzagentur zeigte sich Höttges allerdings stark genervt. «Das ist kostenseitig eine enorme Herausforderung», sagte er in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Bei der Flächenabdeckung sei die Telekom bereits «in den niedrigen 90 Prozent», erklärte er - für den Rest müsse der Konzern das Netz insbesondere in Wäldern und Naturschutzgebieten ausbauen.

Neben der Telekom zählen zu den alteingesessenen Telekom-Anbietern in Deutschland Vodafone und Telefonica Deutschland (O2) . Diese sollen nach dem Willen der Bundesnetzagentur Anfang 2030 jeweils 99,5 Prozent der Fläche mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde versorgen. Im Gegenzug sollen Nutzungsrechte, welche die Netzbetreiber derzeit an bestimmten Frequenzen halten, um fünf Jahre verlängert werden.

Er sehe eine Benachteiligung der etablierten Telekom-Anbieter, während der neue Wettbewerber 1&1 «wieder einmal einen Freifahrtschein» bekomme, sagte Höttges. Der Manager dürfte damit eine angebliche Bevorzugung der United-Internet-Tochter und ihre Versäumnisse in der Vergangenheit meinen.

So hat 1&1 dem Staat in der Vergangenheit etwa zugesagt, im Gegenzug für einen zinslosen Kredit Hunderte sogenannte weisse Flecken zu schliessen. Damit sind zumeist bevölkerungsarme Gebiete gemeint, wo weder 4G noch 5G empfangen werden kann. Ursprünglich war die Rede von 400. Nach einer Fristverlängerung sind es laut einem Bericht der «Wirtschaftswoche» mittlerweile 48 Antennenstandorte.

Die 5G-Netzausbauauflage der Bundesnetzagentur hat 1&1 auch zwei Jahre nach Ende der Frist nicht erfüllt. Bis Ende März zählte 1&1 insgesamt 1350 Antennenstandorte, davon waren nach Aussage einer Unternehmenssprecherin aber nur knapp 230 in Betrieb. Nach dem Willen der Bundesnetzagentur hätte das Unternehmen allerdings schon bis Ende 2022 1000 5G-Standorte haben sollen.

1&1 hatte in der Vergangenheit den Funkturmbetreiber Vantage Towers und dessen Mutter Vodafone beschuldigt, den Ausbau zu behindern. «Schuld sind immer die anderen», kommentierte Höttges am Donnerstag. «1&1 verfährt mit den Auflagen nach dem Pipi-Langstrumpf-Prinzip: Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt.»

Wie die Telekom weiter am Donnerstag in Bonn mitteilte, überzeugte sie im ersten Quartal unter der eigenen Marke und nach Abzug von Kündigungen 281 000 neue Vertragskunden. Der werthaltigere Service-Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,4 Prozent. Damit sind Einnahmen vor allem mit Sprach- und Daten-Übertragungen gemeint. An diesen Dienstleistungen verdienen Telekom-Unternehmen eher etwas als an dem Verkauf von Hardware, der weniger abwirft. Bei beiden Kennziffern entwickelte sich die Telekom deutlich besser als von Analysten im Mittelwert erwartet.

Neben einer grossen Nachfrage aus dem Geschäftskundenbereich scheint der Plan aufzugehen, Kunden mit Bündelangeboten anzulocken. Verbraucher können sich beim Abschluss mehrerer Produkte Rabatte sichern, so wie auch bei den Wettbewerbern Vodafone und Telefonica Deutschland (O2).

Ein Wermutstropfen ist allerdings die Entwicklung im Breitbandgeschäft: Im abgeschlossenen Quartal kamen nur 39 000 neue Verträge hinzu - im Vorjahreszeitraum hatte die Telekom noch fast doppelt so viele Kunden überzeugt. Auch Analysten hatten sich bei den Internet-Anschlüssen deutlich mehr erhofft. Telefonica Deutschland hatte ebenfalls mit einem stark gebremsten Zustrom an Neukunden zu hadern, während Vodafone die Abwanderung bei den Breitbandanschlüssen in den drei Monaten bis Ende März etwas eindämmen konnte.

Finanzchef Christian Illek zeigte sich unzufrieden mit der Entwicklung der Breitband-Neuzugänge. Allerdings sei der gesamte Markt schwierig, und «die Entwicklung der Wettbewerber war wirklich schwach», sagte er vor Journalisten. Sein Team bemühe sich um eine Besserung in den kommenden Quartalen. Unterdessen steigt die Zahl der Kunden, die Glasfaser bis ins Haus erhalten (Fiber to the Home, FTTH) weiter an. Ziel sind rund 450 000 mehr im laufenden Jahr, das wären circa 50 Prozent mehr als noch im Vorjahr.

Auf Konzernebene stieg der Umsatz der Telekom im ersten Quartal um 0,4 Prozent auf gut 27,9 Milliarden Euro. Grund für den geringen Anstieg ist die Entscheidung der T-Mobile US , den Fokus auf werthaltigere Service-Erlöse zu legen. Zudem fährt die Amerika-Tochter das Leasing mit Mobilfunk-Endgeräten zurück und stellt auf Ratenkauf um, weswegen der Umsatz mit Hardware teilweise nun fehlt. Ohne Wechselkurs- und Portfolioeffekte wuchs der Konzernerlös um 1,6 Prozent.

Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen inklusive Leasingkosten (Ebitda AL) kletterte dank Effizienzmassnahmen um 5,1 Prozent nach oben. Unter dem Strich entfiel auf die Aktionäre ein Gewinn von knapp zwei Milliarden Euro nach rund 15,4 Milliarden im Jahr zuvor. Da hatte die Telekom vom Verkauf der Mehrheit an ihrem Funkturmgeschäft profitiert. Auch bei den Gewinnzahlen übertraf der Konzern die Analystenschätzungen im Mittelwert.

Trotz der erhöhten Jahresprognose von T-Mobile US behielt Telekom-Chef Tim Höttges seine Jahresziele unerwartet bei. So will der Manager im Tagesgeschäft rund 42,9 Milliarden Euro Ergebnis erzielen und einen freien Mittelzufluss (Free Cashflow) von etwa 18,9 Milliarden Euro vorweisen.

Die Telekom hatte für 2023 ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen inklusive Leasingkosten von knapp 40,5 Milliarden Euro und einen Mittelzufluss von 16,1 Milliarden Euro erzielt. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis je Aktie (EPS) soll 2024 bei mehr als 1,75 Euro liegen nach 1,60 Euro im Jahr zuvor./ngu/lew/men/stk/men

(AWP)