«Zentrales Motiv des Angeklagten Dr. Steck war seine persönliche Bereicherung», sagte Staatsanwalt Jan Schletz. Der 53-jährige Steck hat durch seine Cum-Ex-Tätigkeit, um die es in dem Bonner Verfahren geht, der Anklage zufolge einen persönlichen Profit von 28,6 Millionen Euro gemacht. 17,6 Millionen Euro soll er noch in die Staatskasse zahlen, 11 Millionen wurden laut Anklage bereits gezahlt.

Hand in Hand mit Hanno Berger

Steck war Kanzleipartner von Hanno Berger, der als treibende Kraft hinter den Cum-Ex-Geschäften in Deutschland gilt. Berger ist inzwischen rechtskräftig verurteilt, er sitzt im Gefängnis.

Bei Cum-Ex-Deals, die ihre Hochphase zwischen 2006 und 2011 hatten, liessen sich Banken und Investoren nie gezahlte Kapitalertragssteuern erstatten und prellten den Staat insgesamt um mindestens zehn Milliarden Euro.

Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch zwischen Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende erstatteten Finanzämter nicht gezahlte Steuern. 2012 wurde die Gesetzeslücke geschlossen. 2021 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass Cum-Ex-Geschäfte als Steuerhinterziehung zu werten sind.

«Der jüngere Dr. Steck schloss sich dem älteren Dr. Berger an, um in dessen Fahrwasser Karriere zu machen», sagte Staatsanwalt Schletz. Spätestens 2006 hätten die beiden beschlossen, mit anderen Personen Cum-Ex-Geschäfte arbeitsteilig durchzuführen, «um Dritte und vor allem sich selbst zulasten des Fiskus zu bereichern». Dafür hätten sie eine komplexe Offshore-Gesellschaftskonstruktion erschaffen.

Kronzeuge der Staatsanwaltschaft

Dem 53 Jahre alten Steck kommt eine zentrale Rolle bei der Strafverfolgung zu, da er 2016 auspackte und zum Kronzeugen der Staatsanwalt wurde. Er wurde nach eigenen Angaben in den Jahren 2016 bis 2018 insgesamt 250 Stunden lang durch unterschiedliche Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden vernommen.

Er belastete andere Angeklagte mit seinen Aussagen und trat in elf Gerichtsverfahren in den Zeugenstand. Sollte er verurteilt werden, dürfte sich seine Kronzeugenrolle als strafmildernd auswirken. Ihm droht zudem ein Berufsverbot als Rechtsanwalt.

2019 gab Steck mit Maske und unter Pseudonym in der NDR-Sendung «Panorama» ein Interview, in dem er sich reumütig zeigte und die Cum-Ex-Geschäfte als industrielle «Teufelsmaschine» bezeichnete. Er hat nach eigener Aussage 50 Millionen Euro daran verdient, dass er in Cum-Ex-Geschäfte involviert war und vermögende Kunden beraten hat.

Vor dem Bonner Landgericht sind nicht alle Cum-Ex-Fälle von Steck angeklagt, woanders droht ihm noch weiteres Ungemach. Das erklärt die Diskrepanz zwischen den von ihm benannten 50 Millionen Euro Profit und den 28,6 Millionen Euro, um die es in Bonn geht. In dem Prozess sind bis Mitte Februar insgesamt 23 weitere Verhandlungstage geplant. Steck lebt in der Schweiz, wo er für eine Kanzlei tätig ist./wdw/DP/nas

(AWP)