«Die Handelszahlen Chinas spiegeln die Zweiteilung der Wirtschaft deutlich wider», kommentierte Analyst Sandro Pannagl von der Landesbank Baden-Württemberg. Die Daten würden deutlich machen, dass die Auslandsnachfrage der Motor der derzeitigen Wachstumsdynamik bleibe, während die Inlandsnachfrage auf Impulse warte.

Aus den Angaben der Zollbehörde geht hervor, dass die Exporte in fast alle Märkte gestiegen sind, mit deutlichen Zuwächsen bei den Lieferungen in die Europäische Union, nach Indien und Brasilien. Die Exporte in die USA stiegen demnach um etwa fünf Prozent auf den höchsten Stand seit September 2022, während auch die Lieferungen nach Russland zunahmen.

China verkauft zwar mehr Waren ins Ausland, doch laut bereits am Montag veröffentlichten Daten der Pekinger Statistikbehörde müssen sie insgesamt immer geringere Preise hinnehmen. So sanken die Produzentenpreise im August im Vergleich zum Vorjahr erneut um 1,8 Prozent.

Seit annähernd zwei Jahren sind die Produzentenpreise durchgehend rückläufig. Während sich in China die Sorgen vor einer Deflation verstärken, sind andere Länder wegen der Flut günstiger Exporte alarmiert. So haben zuletzt die EU und die USA hohe Zölle auf in China hergestellte Elektroautos verhängt.

LBBW-Analyst Pannagl bleibt skeptisch mit Blick auf die weitere konjunkturelle Entwicklung in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt. «Für das Wachstum selbst ist die deutliche Ausweitung des Exportüberschusses zwar positiv, aber angesichts der Wirtschaftsabkühlung in vielen Industriestaaten und dem zunehmenden Widerstand gegen Chinas Exporte wird sich das Tempo nicht aufrechterhalten lassen», sagte der Experte.

Peking plant seit Längerem, die Wirtschaft umzustrukturieren. In der Hoffnung, neue Wachstumstreiber zu schaffen, wird der Ausbau von Hochtechnologie-Sektoren wie Erneuerbare Energien und Elektromobilität gefördert. Allerdings kämpfen die neuen Branchen mit Überkapazitäten.

In der E-Auto-Industrie sind viele Unternehmen entstanden, die nun auf dem heimischen Markt einem harten Wettbewerb ausgesetzt sind. Gewinne lassen sich auch deshalb nur schwer erzielen, da der Konsum schwächelt, was auf die wirtschaftliche Unsicherheit zurückzuführen ist.

Besonders schwer wiegt die Krise im Immobiliensektor, der lange stark zum chinesischen Wachstum beigetragen hat, jetzt jedoch einen massiven Einbruch erlebt.

Millionen unverkaufte Wohnungen stehen leer, und viele Unternehmen in diesem aufgeblähten Bereich sind insolvent. Gleichzeitig ist der Arbeitsmarkt angespannt, insbesondere junge Menschen haben Schwierigkeiten, eine ihrer Qualifikation entsprechende Beschäftigung zu finden./jpt/DP/jkr/lfi/stk

(AWP)