Die Einstufung als Härtefall ermöglicht es den Behörden, auf offene Forderungen gegen Quadroni zu verzichten, wie der Bündner Finanzdirektor Martin Bühler (FDP) am Dienstag vor den Medien in Chur erklärte. Dies bedeutet, dass seitens der Behörden keine weiteren Betreibungen und Verlustscheine gegen den Whistleblower ausgestellt werden.
Um wie viel Geld es dabei geht, wollte Bühler nicht sagen. Dies aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes. Zwei unabhängige Quellen bestätigten jedoch der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Dienstag, dass es sich dabei um rund 40'000 Franken handelt.
Verschiedene Entschädigungsforderungen
Für eine finanzielle Entschädigung in Millionenhöhe, wie sie von Quadronis Rechtsvertreter und den Initianten einer 4231-fach unterschriebenen Online-Petition gefordert wurde, fehle es national und kantonal an einer rechtlichen Grundlage, so Bühler. Weiter stützten sich die Behörden auf den Entscheid des Nationalrats, der im Frühjahr 2024 zum wiederholten Male die Schaffung eines Rechtsrahmens zum Schutz von Whistleblowern abgelehnt hatte.
Die Gründe für die Forderungen Quadronis waren einzelne Polizeieinsätze, seine fürsorgerische Unterbringung und eine vermutete Nichtberücksichtigung bei öffentlichen Aufträgen. Seit 2019 bat er die Behörden mehrmals mithilfe von Zahlungsbefehlen um insgesamt 3 Millionen Franken.
Die Initiantin der Petition gab an, dass die Bündner Behörden dank Quadronis Enthüllungen rund um die Preisabsprachen in der Bündner Baubranche riesige Beträge eingespart hätten. Von über 100 Millionen Franken war die Rede. Sie verlangte einen einstelligen Millionenbetrag als Wiedergutmachung.
Initiantin hoffte auf Entgegenkommen
«Ich hab diesen Entscheid befürchtet», sagte die Initiantin Karin Huber am Dienstag nach dem negativen Entscheid der Bündner Regierung zu Keystone-SDA. Dennoch habe sie auf mehr Entgegenkommen der Behörden gehofft.
Während der von zahlreichen Journalisten besuchten Medienkonferenz fragte sie die Regierungsvertreter wiederholt, weshalb sie sich nie mit Adam Quadroni persönlich getroffen hätten. Er könne mittels Unterlagen beweisen, wie viel der Kanton durch ihn eingespart habe
Quadroni, der selbst einst Mitglied des Baukartells war, deckte mit seinen Hinweisen den grössten Schweizer Fall von Bauabsprachen auf. Zunächst informierte er 2009 die kantonalen Behörden über die illegalen Preisabsprachen, doch niemand schenkte ihm Glauben. Erst als er sich später an die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) wandte, kam der Fall ins Rollen.
PUK-Empfehlungen umgesetzt
Die Aufdeckung des Baukartells zog zwei Untersuchungen nach sich. In einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) und einer von der Bündner Regierung in Auftrag gegebenen Studie kam schliesslich ans Tageslicht, dass hochrangige Mitarbeiter des kantonalen Tiefbauamtes ihre Sorgfaltspflicht verletzt hatten. Ausserdem wurde die Arbeit verschiedener Behörden kritisiert, die Quadroni falsch eingeschätzt und ihn deswegen ungerechtfertigt zwangseinweisen liessen.
Aus beiden Berichten resultierte eine Reihe von Massnahmen, die nach Angaben der Regierung per Juni 2023 vollständig umgesetzt wurden. Unter anderem besteht seit Oktober 2022 im Kanton eine unabhängige Whistleblowing-Meldestelle für anonyme Meldungen im öffentlichen Beschaffungswesen. Die Weko habe die umgesetzten Prüfprogramme des Kantons schweizweit als vorbildhaft eingestuft, betonte die heutige Baudirektorin Carmelia Maissen (Mitte) am Dienstag in Chur.
Quadroni habe mit seinen Enthüllungen einen wichtigen Beitrag geleistet, so die Regierungsvertreter. Dafür habe man ihm gegenüber in einem Brief Dank und Respekt ausgedrückt. Dennoch wäre es ein schweizweites Novum gewesen, dass Hinweisgeber, die selbst Teil von kriminellen Absprachen waren, entschädigt werden.
(AWP)