Der Nationalrat hatte Anfang Woche eine Kürzung um 18 Millionen Franken beschlossen, um die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten zu können.
Die vom Ständerat beschlossene Kürzung fiel mit rund 60 Millionen Franken deutlich höher aus. Die Differenz erklärt sich hauptsächlich durch zwei Entscheide.
Ruf nach Gesamtschau
Nötig machte die stärkere Kürzung zum einen ein Beschluss zum Thema Standortförderung in den Regionen. Der Ständerat will anders als der Nationalrat nichts davon wissen, auf eine Einlage in den Fonds für Regionalpolitik von 25 Millionen Franken zu verzichten. Knapp mit 20 zu 19 Stimmen hiess er einen Minderheitsantrag von Beat Rieder (Mitte/VS) und Esther Friedli (SVP/SG) gut.
Es gehe um «inländische Entwicklungshilfe», sagte Rieder. Bevor man bei einzelnen Fonds kürze, brauche es eine Gesamtschau, forderte der Walliser Ständerat.
Peter Hegglin (Mitte/ZG) widersprach, im Fonds für Regionalpolitik sei sehr viel Geld platziert. Alle geplanten Massnahmen könnten auch ohne neue Einlage umgesetzt werden.
Warnung vor Schnellschuss
Ebenfalls nichts wissen wollte der Ständerat davon, den Kredit für Beiträge an das Hilfswerk der Vereinten Nationalen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) in Höhe von 20 Millionen Franken zu streichen. Er folgte in der Frage mit 23 zu 21 Stimmen bei einer Enthaltung einer linken Minderheit der vorberatenden Kommission und dem Bundesrat.
Der Nationalrat hatte am Montag einen Einzelantrag des Ausserrhoder SVP-Nationalrats David Zuberbühler angenommen. Zuberbühler begründete seine Forderung nach einer Streichung in der grossen Kammer damit, dass Mitarbeitende der UNRWA Terror gegen Israel verherrlicht hätten und sich die Organisation im Nahostkonflikt einseitig positioniere.
Die Mehrheit der Finanzkommission des Ständerats war mit der Streichung einverstanden gewesen. Es gehe bei der Arbeit der UNRWA nicht um Nothilfe, hob Kommissionssprecherin Johanna Gapany (FDP/FR) hervor. Grundsätzlich stelle man die humanitäre Hilfe im Nahen Osten nicht infrage.
Man solle in diesem Punkt eine Differenz schaffen, sagte dagegen Minderheitssprecherin Maya Graf (Grüne/BL). Nur so könne die Finanzkommission des Nationalrats vertiefte Abklärungen treffen - auch im Hinblick darauf, welche Folgen eine Kürzung hätte.
Ein Postulatsbericht habe die UNWRA von den von Zuberbühler erwähnten Vorwürfen entlastet, hielt Graf fest. In den letzten Wochen sei die Organisation für die Bevölkerung im Gazastreifen eine wichtige Lebensader gewesen.
«Nicht alles vermischen»
Unterstützung erhielt Graf von Isabelle Chassot (Mitte/FR). Man solle sich auf Tatsachen stützen und die Verantwortlichen im Aussendepartement anhören.
«Man soll nicht alles vermischen. Nicht alle Palästinenser sind Mitglieder der Hamas», sagte Charles Juillard (Mitte/JU). Angesichts der wichtigen Rolle der Uno-Organisationen im Gazastreifen sei eine Kürzung nicht angemessen.
Finanzministerin Karin Keller-Sutter warnte, das Aussendepartement befürchte einen Reputationsschaden für die Schweiz, falls der Ständerat dem Nationalrat folge.
Kreditsperre vom Tisch
Noch am Dienstag vergangener Woche hatte der Ständerat ein Budget beschlossen, welches ein strukturelles Defizit von gut 66 Millionen Franken aufwies - was die Schuldenbremse eigentlich nicht zulässt. Der Fehlbetrag resultierte namentlich, weil das Parlament auf eine Kürzung bei den Direktzahlungen an Bauern verzichten und die Gelder für den Regionalen Personenverkehr im Vergleich zum bundesrätlichen Vorschlag um 55 Millionen Franken aufstocken will.
Um die rechtlichen Vorgaben dennoch einhalten zu können, schrieb der Ständerat am Ende seiner ersten Budget-Debatte eine Kreditsperre in die Vorlage - also eine Anweisung an den Bundesrat, bewilligte Kredite nicht auszuschöpfen. Nach den jüngsten Beschlüssen ist eine solche Bestimmung nicht mehr vonnöten.
Uneinigkeit bei Armeeausgaben
Bei mehreren kleineren Budgetposten hielt der Ständerat an Differenzen zum Nationalrat fest. Auch was den Finanzplan angeht, beharrte er auf einem früheren Entscheid. Er will die Armeeausgaben weiterhin bis 2030 auf 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöhen. Nationalrat und Bundesrat möchten eine langsamere Erhöhung bis 2035.
Das Geschäft geht an den Nationalrat. Er debattiert die verbliebenen Differenzen am kommenden Montag.
(AWP)