Die Staatsanwältin wies auf die Gefahr hin, dass sich die Angeklagten einer Strafe entziehen könnten. Während der Monate bis zur Urteilsverkündung hätten sie ausreichend Zeit, über die lange Freiheitsstrafe nachzudenken und die Schweiz zu verlassen. Beide Männer sind Doppelbürger: Der Chef von Petrosaudi ist Schweizer und Saudi-Araber, sein Stellvertreter Schweizer und Brite.

Subsidiär zur Haft ersuchte die Staatsanwältin die Strafkammer, Ersatzmassnahmen zu ergreifen, um die Anwesenheit der Betroffenen in der Schweiz sicherzustellen. Sie verlangte zudem, dass die beschlagnahmten Vermögenswerte eingezogen und an den geschädigten malaysischen Staatsfonds 1MDB zurückgegeben werden.

Darüber hinaus beantragte sie eine Ersatzforderung von mehr als 2 Milliarden US-Dollar. Dieser Betrag entspricht der Höhe der Gelder, die der Beschlagnahmung entgangen sind. Der Betrag solle ebenfalls an Malaysia zurückgegeben werden.

Ausserhalb aller Normen

Wie die Privatkläger betonte die Staatsanwältin den «aussergewöhnlichen» Charakter des Falles. Die Summe, die dem Staatsfonds 1MDB gestohlen worden sei, lasse sich nicht in Dutzenden oder Hunderten von Millionen US-Dollar berechnen, sondern belaufe sich auf 1,83 Milliarden Dollar, was 1 Prozent des Bruttosozialprodukts Malaysias entspreche.

Die Staatsanwältin beschrieb die Urheber dieses «Jahrhundertbetrugs» als Personen, die nach aussen hin «in jeder Hinsicht gut» waren, in Wirklichkeit aber «berechnend, manipulativ und von obszöner Gier». Sie hätten ihre Beute für Privatjets und Jachten, Immobilien in London und Genf sowie Edelsteine verprasst.

Die Anklägerin zählte die Titel auf, mit denen sich der Chef von Petrosaudi schmückte und suggerierte, dass seine Firma von Saudi-Arabien unterstützt werde. So sei der Beschuldigte Scheich, Prinz, Berater des Königs, Cousin von Prinz Turki.

Maximale Strafe

Jede der drei aufeinanderfolgenden Operationen zum Abzweigen der besagten Gelder hätte laut der Bundesanwaltschaft (BA) die Höchststrafe verdient. Die Staatsanwältin betonte die «aussergewöhnliche kriminelle Aktivität und Hartnäckigkeit» der Angeklagten. Sie hätten über einen Zeitraum von rund zehn Jahren, von 2009 bis 2019, gehandelt, wenn man die Vertuschungshandlungen berücksichtige.

Eine weitere Staatsanwältin analysierte die Finanztransaktionen, mit denen der Staatsfonds geplündert worden sei, bis ins kleinste Detail. Der Plan sei «ausgeklügelt und von den vielen Beteiligten perfekt inszeniert» gewesen. Der Vorstand von 1MDB sei damit überzeugt worden, Investitionen zu tätigen, die vom saudischen Königreich unterstützt wurden.

In Tat und Wahrheit habe Petrosaudi zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem 1MDB-Fonds kein echtes Geschäft mit tatsächlichen Einnahmen betrieben. Dies habe die Angeklagten jedoch nicht daran gehindert, angebliche Rechte an Ölfeldern in Turkmenistan geltend zu machen. Damit sei es ihnen gelungen, ein Joint Venture mit dem Staatsfonds zu schliessen.

Werte verschoben

Um die geforderten Strafen zu rechtfertigen, verwies die Bundesanwaltschaft auf die komplexen Finanzkonstrukte, den Einsatz von Strohmännern und die falschen Erklärungen. Als die Ermittlungen in der Schweiz begannen, vervielfachten die Angeklagten die Überweisungen ins Ausland, um möglichst viele Werte in Sicherheit zu bringen.

Laut den Ausführungen der Staatsanwältin legten die Angeklagten während der Strafuntersuchung ein querulatorisches Verhalten an den Tag. Sei hätten dreimal den Ausstand des zuständigen Staatsanwalts beantragt. Vor diesem Hintergrund sei eine Strafmilderung ausgeschlossen.

Der Prozess wird am Donnerstag mit den Plädoyers der Verteidigung fortgesetzt.

(AWP)