In gewissen Fällen sei eine Rückkehr nach Afghanistan zumutbar, teilte das Staatssekretariat für Migration (SEM) am Donnerstag mit. Bei dieser Anpassung der Wegweisungspraxis stützt sich das SEM auf aktuelle und eingehende Lageanalysen.

Neuere Berichte würden auf eine landesweit verbesserte Sicherheitslage im Vergleich zum Zeitpunkt der Machtübernahme durch die radikal-islamistischen Taliban hinweisen. Auch der sozioökonomischen Lage würden die Analysen eine leichte Verbesserung attestieren.

Männlich, gesund, alleinstehend

Weiterhin geht das Staatssekretariat zwar von einer generellen Unzumutbarkeit der Wegweisung in den Staat aus. Für nicht vulnerable Männer sei eine Abschiebung aber möglich, wenn «begünstigende Faktoren vorliegen».

Darunter versteht das SEM seinen Angaben zufolge, dass sich ein abgewiesener Asylbewerber ohne Familie in der Schweiz aufhält, gesund und volljährig ist. Hinzu kommt ein stabiles und tragfähiges Beziehungsnetz in Afghanistan, auf das sich ein zurück Geschaffter bei der sozialen und beruflichen Wiedereingliederung stützen kann.

Weiter Schutz für Frauen

Frauen, Familien, Minderjährige und Personen mit gesundheitlichen Problemen sind von Rückschaffungen nicht betroffen, wie das SEM weiter schreibt. Sofern sie kein Asyl erhalten oder kein anderer Dublin-Staat für ihr Asylverfahren zuständig ist, nimmt die Schweiz sie in der Regel vorläufig auf.

Das SEM hatte den Vollzug von Ausschaffungen nach Afghanistan am 11. August 2021 unterbrochen, weil die Situation vor Ort mit der Machtübernahme durch die Taliban gefährlicher geworden war. Das Staatssekretariat erachtete deshalb eine Rückschaffung generell als unzumutbar.

Davon ausgenommen waren «erheblich straffällige Personen» und solche, die eine Gefährdung für die innere und äussere Sicherheit der Schweiz darstellen. Bei diesen ordnete das SEM Ausschaffungen an, wenn sie zulässig waren. 2024 führte es erstmals fünf Afghanen, welche zu dieser Kategorie gehörten, ins Herkunftsland zurück.

Asyl für Frauen seit Sommer 2023

Seit Sommer 2023 gewährt die Schweiz Frauen und Mädchen aus Afghanistan in der Regel Asyl. Der Ständerat wies in der Herbstsession eine Motion der FDP deutlich zurück, die das rückgängig machen wollte. Im Mai hatte der Nationalrat eine Motion von SVP und FDP mit dem gleichen Anliegen mit einer Stimme Unterschied abgelehnt.

Der Bund rechnet 2025 mit weniger Asylgesuchen. Er geht im Mittelwert des wahrscheinlichsten Szenarios von 24'000 aus, 4000 weniger als 2024. Wichtigstes Herkunftsland für die Gesuche blieb 2024 Afghanistan.

(AWP)