«Der Status quo ist für Bayer schlicht keine Option», sagte er am Mittwoch bei der Vorlage der Quartalsbilanz. Einer gleichzeitigen Aufspaltung des Unternehmens in drei Teile erteilte er eine Absage: «Diese Option schliessen wir aus. Eine Aufspaltung in drei Unternehmen würde einen zweistufigen Prozess erfordern.» Neben der Beibehaltung von drei Divisionen seien eine Trennung vom Consumer-Health-Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten oder der Agrarsparte Crop Science die wesentlichen Möglichkeiten, die weiter ernsthaft geprüft würden. Derzeit gebe es keine Präferenzen für das eine oder andere Modell.
Der Druck auf Anderson, der das Unternehmen seit Juni führt, ist hoch. Anleger erwarten von ihm neben der Überprüfung der Konzernstruktur mit den drei Sparten, zu denen auch das Pharmageschäft gehört, vor allem, dass er das Vertrauen der Investoren zurückgewinnt. Dieses hat unter der milliardenschweren Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto und der US-Klagewelle wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Unkrautvernichters schwer gelitten. Seit Jahren machen immer wieder Spekulationen über eine Aufspaltung von Bayer die Runde - zuletzt befeuert durch den Einstieg aktivistischer Investoren. «Wir sind entschlossen, auf dem schnellsten Wege Wert zu schaffen», betonte Anderson nun.
Nach Einschätzung von Fondsmanager Markus Manns von der Fondsgesellschaft Union Investment wäre die Abspaltung von Consumer Health der einfachste Weg, um Wert zu generieren. «Bayer würde damit einem Industrietrend folgen.» Anderson drehe bei Bayer wie erhofft jeden Stein um. «Eine Vereinfachung der Konzernstruktur wäre ein wichtiger Schritt, um das Unternehmen am Kapitalmarkt attraktiver aufzustellen.»
«Zwölf Führungsebenen sind einfach zu viel»
Weitere Einzelheiten zum Konzernumbau will Bayer im März bei seinem Kapitalmarkttag bekanntgeben und dann auch über den Ausblick für 2024 informieren. Derzeit erwartet der Konzern für das nächste Jahr «eher schwache Wachstumsaussichten und weiterhin Herausforderungen für die Profitabilität». Die Pläne von Anderson sehen auch einen Abbau der Bürokratie bei Bayer vor, wie Reuters bereits im September berichtet hatte. Der Konzern bestätigte nun, dass bis Ende kommenden Jahres mehrere Führungsebenen gestrichen und Koordinationsprozesse vereinfacht werden sollen.
Dem Konzern steht laut Anderson eine «radikale Neuausrichtung» bevor. «95 Prozent der Entscheidungsfindung in der Organisation wird von den Managern auf die Beschäftigten verlagert, die die Arbeit machen», unterstrich Anderson. Zwölf Ebenen zwischen ihm und den Kunden sei «einfach zu viel». Die Belegschaft werde sich erheblich verringern, ebenso erhoffe sich Bayer deutliche Einsparungen. Konkrete Zahlen nannte der Manager nicht, betonte aber, dass es sich um kein traditionelles Kostensparprogramm handele. «Wir beginnen nicht mit einer Zahl. Wir stellen den Kunden und das Produkt in den Mittelpunkt. Dann schauen wir, welche Ressourcen dafür nötig sind. Alles andere muss weg.»
Der Vorstand selbst soll ein neues Vergütungssystem bekommen, das sich stärker an der langfristigen Entwicklung des Aktienkurses orientiert. «Wir sind mit unserer Performance in diesem Jahr nicht zufrieden. Fast 50 Milliarden Euro Umsatz, aber null Cashflow – das ist einfach nicht akzeptabel», sagte Anderson. Im dritten Quartal setzten Bayer schwache Agrargeschäfte wegen niedrigerer Glyphosat-Preise erneut zu: Der bereinigte operative Gewinn (Ebitda) sank um gut 31 Prozent auf 1,685 Milliarden Euro und damit stärker als von Analysten erwartet. Unter dem Strich fiel wegen Wertminderungen in der Agrarsparte aufgrund höherer Zinsen erneut ein Milliardenverlust an. Bayer setzte 10,34 Milliarden um, ein Minus von acht Prozent - vor allem wegen negativer Wechselkurseffekte.
Für das Gesamtjahr bekräftigte der Konzern seine schon im Sommer gesenkten Ziele. Auch an seiner Prozessstrategie will Bayer festhalten, obwohl das Unternehmen im Oktober drei Niederlagen bei Glyphosat-Klagen in den USA einstecken musste. «Wir haben keine Lust, riesige Schecks zur Beilegung von Glyphosat-Prozessen auszustellen, wenn wir wenig freien Cashflow haben», sagte Finanzchef Wolfgang Nickl. Zuletzt standen noch für 52.000 der insgesamt rund 165.000 angemeldeten Ansprüche Einigungen aus.
(Reuters)