Der 46-jährige Angeklagte sagte vor Gericht, dass er mit seiner Familie in der Schweiz lebe. Er habe kein Einkommen, da er bis zum Ende des Prozesses nicht in der Finanzbranche arbeiten könne und er nichts anderes könne.
In der Verhandlung betonte der Angeklagte, der im Herbst 2009 bei Petrosaudi eingetreten war, die Verbindungen zwischen dem Unternehmen und der Herrscherfamilie in Saudi-Arabien. So sei das Kapital zu 50 Prozent zwischen Prinz Turki, einem der Söhne von König Abdullah, und dem zweiten Angeklagten, einem schweizerischen und saudi-arabischen Staatsangehörigen, gehalten worden. Letzterer soll auch sehr gut mit der königlichen Familie bekannt gewesen sein.
Auf die Frage nach den Aktivitäten von Petrosaudi erklärte der Geschäftsmann, dass diese Firma von dem Unternehmen, in dem er zuvor gearbeitet hatte, als sehr zuverlässiger Partner angesehen worden sei. Beide Unternehmen hätten Investitionsmöglichkeiten für die Kohlenwasserstoffförderung in Lateinamerika und Asien geprüft, sagte der Angeklagte.
Petrosaudi war zwar in Privatbesitz, hatte aber aufgrund der Nähe zum Staat Saudi-Arabien Zugang zu wichtigen Akteuren der Branche. Der Mann gilt als rechte Hand des Hauptangeklagten, des Chefs von Petrosaudi. Die beiden Männer sollen laut der Bundesanwaltschaft (BA) 1,8 Milliarden US-Dollar zum Nachteil des malaysischen Fonds 1MDB veruntreut haben.
Kaum tatsächliche Aktivitäten
Mit diesen Aussagen versuchte der Angeklagte, die These der Bundesanwaltschaft zu widerlegen. Für diese hatte Petrosaudi vor dem Abschluss des Joint Ventures, das zur mutmasslichen Veruntreuung führte, keine nennenswerten Aktivitäten.
Das Bundesstrafgericht versuchte zu verstehen, warum die Partner zwischen dem Treffen zwischen Prinz Turki und dem damaligen malaysischen Premierminister Najib Razak Mitte August 2009 auf der Jacht Alfa Nero vor der Küste von Cannes und Ende September es so eilig mit dem Abschluss hatten. Als einzige Erklärung wurde angegeben, dass dies einem Wunsch «von oben» entsprochen habe.
Der Gerichtspräsident ging den E-Mail-Verkehr zwischen dem Angeklagten und den anderen Teilnehmern an den Verhandlungen mit 1MDB durch. Für einige berief sich der Betroffene auf sein schwaches Gedächtnis, 15 Jahre nach den Ereignissen.
Von anderen Dingen wollte er nichts gewusst haben: «In der Anklageschrift werden viele Dinge erwähnt, von denen ich keine Ahnung habe», sagte er.
Was die verschiedenen, manchmal nur sehr kurz verwendeten Adressen oder Decknamen der verschiedenen Beteiligten betrifft, so sei dies «eine gängige Praxis in der Geschäftswelt».
Fiktive Ausbeutungsrechte
Das Gericht befasste sich mit der Bewertung der Rechte zur Ausbeutung des Ölfelds Serdar III in Turkmenistan. Diese Rechte wurden von Petrosaudi in das Joint Venture eingebracht, während 1MDB Zahlungen in Höhe von einer Milliarde US-Dollar leistete. Petrosaudi hat den Erwerb von Serdar III jedoch nie abgeschlossen. Stattdessen erwarb Petrosaudi die Kontrolle über die Gelder, die an das Joint Venture überwiesen wurden.
Der Angeklagte betonte die Variabilität der Bewertungen im Ölgeschäft. Petrosaudi soll mit dem kanadischen Konzern, der die Rechte an Serdar III besitzt, eine «exklusive Verhandlungsvereinbarung» getroffen haben. Zur Erinnerung: Dieses Gebiet war und ist Gegenstand eines Grenzkonfliktes zwischen Turkmenistan und Aserbaidschan und wird bis heute nicht ausgebeutet. Eine Lösung des Konfliktes hätte den Wert der Rechte vervielfacht.
Im Laufe der Verhandlung ging das Gericht auf den zweiten Teil des mutmasslichen Betruges ein, nämlich die Umstrukturierung des Joint Ventures mithilfe eines islamischen Kredits. Im September 2010 wurden 500 Millionen US-Dollar gezahlt, und zwischen Mai und Oktober 2011 wurden weitere 330 Millionen US-Dollar überwiesen.
Vollstrecker oder Akteur?
Abgesehen von seinem schlechten Gedächtnis deutete der Finanzier an, dass er eher ein Ausführender als ein Akteur gewesen sei, dass die Entscheidungen auf einer höheren Ebene getroffen worden seien. Wer war der «Big Man», der in den E-Mails erwähnt wurde? Es ist unklar, aber der Angeklagte erwähnte König Abdullah. Dies ist eine weitere Möglichkeit, die Beteiligung Saudi-Arabiens zu bestätigen.
Von den insgesamt 1,8 Millionen Dollar, die über Petrosaudi veruntreut worden sein sollen, soll der Direktor persönlich 570 Millionen Dollar und sein Stellvertreter 37 Millionen Dollar erhalten haben. Der Rest soll anderen Akteuren zugute gekommen sein, insbesondere Jho Low, dem Berater von Najib Razak.
Die beiden Angeklagten werden hauptsächlich wegen gewerbsmässigen Betrugs, ungetreuer Geschäftsbesorgung und schwerer Geldwäscherei angeklagt. Der Prozess soll bis Ende April dauern.
(AWP)