Die Erhöhung der Leitzinsen um 25 Basispunkte auf 4,0 Prozent durch die EZB war von den Märkten so erwartet worden. Es war bereits die achte Zinserhöhung in Folge seit Sommer 2022. Negativ wurde hingegen die leicht höhere Inflationsprognose der EZB aufgenommen. Insbesondere die Entwicklung der Kerninflation verlaufe weiterhin nicht nach Wunsch, daher stellte EZB-Chefin Christine Lagarde in ihrer Rede weitere Zinsschritte in Aussicht. "Hoffnungen auf sinkende Leitzinsen wurden erst einmal klar enttäuscht", fasst ein Analyst die Entwicklung zusammen. Die Währungshüter erwarten zudem ein leicht geringeres Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren. Hierzulande hat das Seco am Morgen die BIP-Prognose bestätigt und das KOF hat sie für 2023 minimal erhöht.
Der SMI schloss um 0,22 Prozent höher auf 11'302,83 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind und in dem die Schwergewichte gekappt sind, verlor dagegen 0,07 Prozent auf 1770,57 und der breite SPI gewann hingegen 0,18 Prozent auf 14'918,47 Zähler hinzu. Von den 30 SLI-Titeln schlossen zwei Drittel im Minus und ein Drittel im Plus.
Den mit Abstand grössten Tagesverlust fuhren die Papiere von VAT (-4,2%) ein. Der Vakuumventil-Hersteller hatte am Morgen die Einführung von Kurzarbeit in den beiden Werken im Rheintal angekündigt, um damit die Fachkräfte für den erwarteten Aufschwung halten zu können. Die Massnahme ist zunächst auf drei Monate befristet und könne dann noch verlängert werden. Im Handelsverlauf konnte VAT anfängliche grössere Verluste wieder etwas eindämmen.
Die von vielen Analysten erwartete Erholung im Halbleitermarkt scheint nach der Ankündigung von VAT noch etwas auf sich warten zu lassen. Daher wurden auch andere Technologiewerte wie Inficon (-0,4%), U-Blox (-2,2%) und Comet (-1,5%) von der Ankündigung belastet.
Auch die Aussicht auf weiter steigende Zinsen lastete auf Wachstums- und Technologiewerten. So standen etwa Temenos (-3,4%) und Ams Osram (-0,9%) mit am Ende der Blue Chips-Tabelle. Beim Bankensoftwareanbieter wurden zudem spekulativ aufgebaute Titelpositionen glattgestellt, war im Markt zu hören.
Logitech (+1,2%) konnten sich wieder etwas von den Verlusten vom Vortag erholen. Nach dem plötzlichen Abgang von Langzeit-Chef Bracken Darrell waren die Papiere um 12,5 Prozent eingebrochen.
Unter Druck standen am Handelstag auch Chemiewerte wie Sika (-0,6%) und Lonza (-0,8%). Händler verwiesen auf die trüben Wirtschaftsaussichten in China. Diese belasteten auch andere konjunkturintensive Titel wie Geberit, Kühne+Nagel und Holcim, die 0,4 bis 0,8 Prozent nachgaben.
Ebenso standen Finanzwerte auf dem Verkaufszettel. UBS, Julius Bär und Partners Group verzeichneten Abgaben zwischen 0,8 bis 1,2 Prozent. Auch die Versicherer Swiss Life (-0,7%) und Swiss Re (-0,2%) gingen mit Verlusten aus dem Handel, einzig Zurich (+0,4%) konnten leichte Gewinne ausweisen.
Für das Plus im SMI zeichneten sich vor allem die defensiven Schwergewichte verantwortlich. Roche, Novartis und Nestlé verzeichneten Zugewinne von 0,4 bis 1,3 Prozent und verhinderten somit grössere Verluste.
An der Spitze der SLI-Werte standen Schindler, die ohne grössere Neuigkeiten vorweisen zu können, um 1,7 Prozent zulegten.
Im breiten Markt machte ein Übernahmeangebot der britischen Private Equity-Gesellschaft Bain Capital an SoftwareOne von sich reden. Dieses wird von den Gründungsaktionären mitgetragen. Der Verwaltungsrat stellte sich jedoch gegen die Offerte. Die Papiere von SoftwareOne legten um 19 Prozent auf 18,00 Franken zu und schlossen damit nur knapp unter dem Angebotspreis von 18,50 Franken je Aktie. Analysten räumen der Übernahme gute Chancen ein.
Der Unterwäsche- und Lingerie-Hersteller Calida (-3,0%) will das gerade vor einem Jahr übernommen deutsche Start-up Erlich Textil schon wieder verkaufen. Zudem stelle das Unternehmen seine Mittelfristziele in Frage.
Bachem (-1,6%) litten unter einer Ratingsenkung und Kurszielreduktion durch Baader Helvea. Evolva (-5,5%) gaben derweil weiter nach, nachdem sie am Vortag schon 42 Prozent an Wert eingebüsst hatten. Finanzierungsprobleme belasten das Unternehmen und Analysten sehen die Zukunft der Firma in Gefahr.
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