Am frühen Nachmittag stand der deutsche Leitindex 0,33 Prozent im Plus bei 22.389,18 Punkten. Angesichts der Gewinnmitnahmen nach dem jüngsten Höhenflug zeichnet sich ein Wochenverlust von knapp 0,6 Prozent ab. Der MDax , in dem sich die mittelgrossen Unternehmen versammeln, erholte sich am Freitag um deutlichere 1,12 Prozent auf 27.703,08 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gewann rund 0,4 Prozent.
Vor der Bundestagswahl am Sonntag hielten sich die Anleger eher zurück, kommentierte Finanzmarktexperte Andreas Lipkow. Von den durchwachsen erwarteten US-Börsen ist einmal mehr kein Rückenwind für den Dax zu erwarten.
Am Mittwochmorgen hatte dieser seine monatelange Rekordjagd noch mit einem Höchststand von gut 22.935 Punkten gekrönt. Nach 15 Prozent Plus im laufenden Jahr und einem bereits sehr starken Vorjahr setzten dann aber Gewinnmitnahmen ein. Eine Stabilisierung war am Vortag noch nicht gelungen: Nach zeitweisen Kursaufschlägen war das Börsenbarometer ins Minus gerutscht und hatte unter seinem Vortagstief geschlossen.
Der Blick auf die Wahlumfragen mahnt zur Vorsicht. Einigkeit herrscht nur in der Einschätzung, dass die Union aus CDU und CSU mit Abstand die meisten Stimmen erhalten wird - vor der rechtspopulistischen AfD, mit der alle anderen Parteien eine Koalition ausgeschlossen haben. Eine Unions-Mehrheit mit der SPD oder den Grünen gilt schon als weniger sicher.
Dem Trendbarometer von RTL und ntv zufolge könnte es sogar für ein schwarz-rotes Bündnis knapp werden. Ein solches wäre die wahrscheinlichste Option für eine Zweierkoalition. Denn die CSU will mit den Grünen auf keinen Fall regieren. Reicht es dafür nicht, müsste eine Dreierkoalition gebildet werden, was die Verhandlungen sehr wahrscheinlich erschweren würde.
ProSiebenSat.1 profitierte am Freitag von neu angefachter Übernahmefantasie: Mit einem Kurssprung von 9 Prozent auf 5,86 Euro machten die Aktien die jüngsten Verluste mehr als wett. Sie führten damit die Gewinnerliste im Nebenwerte-Index SDax an und waren so teuer wie seit Ende Oktober nicht mehr. Laut der italienischen Tageszeitung «La Stampa» erwägt die Medien-Holdinggesellschaft MediaForEurope , die fast 30 Prozent an dem Medienkonzern hält, irgendwann nach der Bundestagswahl eine Übernahmeofferte.
Bei Indexnachbar Deutsche Beteiligungs AG konnten sich die Anleger über eine Kurserholung um 4,6 Prozent freuen. Das Unternehmen hatte am Vorabend angekündigt, nur wenige Tage nach dem Ende des letzten Aktienrückkaufprogramms ein neues zu starten. Binnen eines Jahres will es dafür bis zu 20 Millionen Euro ausgeben.
Erfreuliche Branchennachrichten gaben dem europäischen Chemiesektor Auftrieb. Symrise -Titel legten um 1 Prozent zu. Der Duftstoffhersteller gab eine strategische Partnerschaft mit der norwegischen Hofseth BioCare ASA (HBC) bekannt. Eine deutliche Gewinnsteigerung im vergangenen Jahr bescherte dem französischen Industriegase-Hersteller Air Liquide einen deutlichen Kursanstieg auf ein Rekordhoch.
Dagegen waren Airbus -Papiere mit einem weiteren Rückgang um 1 Prozent einer der grössten Dax-Verlierer. Das US-Investmenthaus Jefferies strich seine Kaufempfehlung für die Titel des Flugzeugbauers. Für die Aktien des Kupferkonzerns Aurubis ging es am MDax-Ende um 4,6 Prozent bergab. Hier belastete eine Abstufung der Schweizer Grossbank UBS, die nun zum Verkauf rät./gl/jha/
--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---
(AWP)