«Ein kleiner Zinssenkungsschritt durch die Europäische Zentralbank gilt bereits als ausgemachte Sache», sagte Marktexperte Andreas Lipkow. Wichtiger seien daher die begleitenden Worte. «Anlegern und vor allem der Wirtschaft gehen die geldpolitischen Trippelschritte der EZB nicht schnell genug, um die heimische Konjunktur wieder in Gang zu bringen», konstatierte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von Robomarkets. Er wünscht sich deshalb zumindest mal das Bekenntnis von EZB-Präsidentin Christine Lagarde «für weitere - und wenn nötig auch stärkere - Zinssenkungen».

Der deutsche Leitindex gewann zur Mittagszeit 0,69 Prozent auf 19.567,59 Punkte. Zwei Tage zuvor noch hatte er bei knapp 19.634 Zählern ein Rekordhoch erreicht. Der MDax der mittelgrossen Börsenunternehmen zeigte sich zuletzt mit minus 0,01 Prozent auf 27.053,60 Zähler nahezu unverändert.

Von der EZB wird am Nachmittag eine erneute Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte erwartet. Es wäre die dritte Senkung in diesem Jahr. Zudem stehen am frühen Nachmittag noch einige spannende US-Konjunkturdaten zur Veröffentlichung an. Vor allem die Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion dürften besonders beachtet werden.

Unter den Einzelwerten hierzulande sprangen nach Verlusten von 4 Prozent am Vortag die Vorzugsaktien des Pharma- und Laborzulieferers Sartorius um fast 13 Prozent hoch. Nachdem der Schweizer Branchenkollege Tecan mit kassierten Jahreszielen am Vortag den Markt geschockt hatte, sorgte der Quartalsbericht von Sartorius nun für deutliche Erleichterung unter den Anlegern.

Die Neunmonatszahlen seien «ordentlich» ausgefallen, attestierte Analyst Odysseas Manesiotis von der Privatbank Berenberg. Vor allem der Auftragseingang im Segment Bioprozesstechnik liege deutlich über der Markterwartung, und mit Blick auf die Auftragslage gebe es hinsichtlich des Schlussquartals Aussicht auf Besserung.

Merck zogen an zweiter Stelle im Leitindex um 5,2 Prozent hoch. Neben der Erleichterung bei Sartorius profitierten die Anteile auch vom Zauberwort «Künstliche Intelligenz» (KI), wie ein Händler sagte. Merck will mittelfristig zu nachhaltigem Wachstum zurückkehren und dabei auch Vorteile ziehen aus dem Boom von KI-Anwendungen.

Infineon legten angesichts starker Quartalsergebnisse und optimistischer Aussichten des taiwanesischen Chipherstellers TSMC um 2,0 Prozent zu.

Ansonsten bewegten vor allem Analystenkommentare. Jenoptik etwa rutschten mit fast minus 5 Prozent an das MDax-Ende und setzten damit ihre Talfahrt der vergangenen drei Handelstage fort. Nach der Gewinnwarnung des Branchenschwergewichts ASML belastete nun die durch das Investmenthaus Stifel gestrichene Kaufempfehlung für das Hightech-Unternehmen aus Jena. Analyst Florian Sager begründete sein auf «Hold» gesenktes Anlageurteil mit negativen Aussagen von ASML zum kommenden Jahr, die eine weitere Verschlechterung des Marktumfeldes für Halbleiter nahelegten./ck/jha/

--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---

(AWP)